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Zahnmedizin

10. Okt. 2023

Etoricoxib gegen Schmerzen: Alternative in der Zahnmedizin?

Analgetika gehören in der zahnärztlichen Praxis zu den am häufigsten empfohlenen oder rezeptierten Medikamenten. Besonders nach chirurgischen Eingriffen oder bei entzündlichen Prozessen können Schmerzmittel vorübergehend notwendig sein. Der Wirkstoff Etoricoxib wird hierbei aber eher selten verwendet. Dabei hat er durchaus seine Berechtigung.

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Etoricoxib
Etoricoxib, ein Vertreter der Coxibe, ist seit 2012 auch zur Behandlung postoperativer Zahnschmerzen zugelassen (Foto: © Getty Images / Oleksandr Hruts)

Autorin: Dr. Melanie Salz | Redaktion: Marc Fröhling

Coxibe hemmen COX-2

Coxibe bilden eine Untergruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika/Antiphlogistika (NSAR). Bekannte Vertreter der NSAR-Gruppe sind Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Diclofenac. Der Wirkmechanismus dieser Stoffe basiert auf einer Hemmung der beiden Enzyme Cyclooxygenase-1 und Cyclooxygenase-2 (COX-1 und COX-2), was zu einer verminderten Prostaglandinsynthese führt. Daraus resultiert der gewünschte analgetische, antiphlogistische und antipyretische Effekt. Andererseits können v.a. durch die Hemmung der COX-1 Schädigungen der Magenschleimhaut entstehen, was eine bekannte Nebenwirkung der NSAR ist.1

Im Gegensatz dazu hemmen Coxibe nur das Enzym COX-2 und gelten daher als magenschonend. Eine magenschleimhautschädigende Wirkung kann zwar noch vorhanden sein, ist im Vergleich mit COX-1 und COX-2-Hemmern aber geringer.1,2

Etoricoxib in der Zahnmedizin zugelassen

Der Wirkstoff Etoricoxib ist einer von mehreren Vertretern der Coxibe, wird v.a. bei Arthrose, rheumatoider Arthritis und Gicht eingesetzt und ist ab 16 Jahren zugelassen.1 Besonders bei Arthrose und Arthritis nehmen die Patientinnen und Patienten die Tabletten über einen längeren Zeitraum ein.3  Seit April 2012 ist es zur Behandlung von mäßig starken postoperativen Zahnschmerzen zugelassen. In Deutschland wird hierfür eine Dosierung von max. 90 mg/d über max. drei Tage empfohlen.4 Da die Wirkung lange anhält, ist nur eine Tablette pro Tag notwendig. Diese sind unter dem Namen ARCOXIA® als 60-, 90- und 120-mg-Filmtabletten erhältlich und verschreibungspflichtig.5

Möglicherweise besser verträglich

Der Gedanke, dass Etoricoxib anderen NSAR wie Ibuprofen und Diclofenac hinsichtlich der gastrointestinalen Nebenwirkungen überlegen sein könnte, hat sich in einigen Studien bestätigt. Besonders deutlich wurde eine bessere Verträglichkeit von Etoricoxib im Vergleich mit Diclofenac.6,7

Eine Übersichtsarbeit, die zahlreiche Studien zusammenfasste, kam zu dem Schluss, dass das Risiko für gastrointestinale und kardiovaskuläre Komplikationen bei Etoricoxib vergleichbar mit dem anderer NSAR ist. Mehr Erkenntnisse über Nebenwirkungen bei Einnahme über einen langen Zeitraum sind wünschenswert.8 Dies trifft dann naturgemäß eher den Einsatz bei chronischen Erkrankungen und nicht den bei akuten Schmerzzuständen, wie sie im zahnmedizinischen Bereich auftreten.

Über die Autorin
Dr. Melanie Salz

Dr. Melanie Salz praktiziert seit über 20 Jahren in der Zahnmedizin. Sie hat sich auf Kinderzahnheilkunde spezialisiert. Seit 2013 ist sie in einer Praxis in Bad Tölz tätig.

Wirksam vor und nach chirurgischer Weisheitszahnentfernung

Bei allgemeinen postoperativen Schmerzen ist Etoricoxib mindestens so wirksam wie andere, herkömmliche Analgetika, ohne dass im Vergleich zu Placebo mehr Nebenwirkungen auftreten. Zu diesem Schluss kommt eine Cochrane-Übersichtsarbeit, die mehrere Studien zu diesem Thema auswertete.9 Ähnlich sieht es speziell bei der Behandlung von Schmerzen nach chirurgischer Entfernung der Weisheitszähne aus. Hier zeigte sogar eine Meta-Analyse eine etwas bessere Wirksamkeit von Etoricoxib im Vergleich mit anderen NSAR.10 Auch die präemptive Wirkung wurde untersucht. 60 mg Etoricoxib vor der Operation bewirkte eine positive Wirkung (weniger Schmerzmittel nach der OP notwendig)11. In einer anderen Studie war sogar eine Gabe von 90 mg Etoricoxib 600 mg Ibuprofen überlegen12, andere Autoren machten gute Erfahrungen mit der Gabe von 90 mg Etoricoxib und 4 mg Dexamethason vor dem chirurgischen Eingriff.13

Kontraindikationen ähnlich wie bei anderen NSAR

Trotz der im Vergleich mit anderen NSAR etwas besseren Verträglichkeit für den Magen-Darm-Trakt sind Nebenwirkungen, v.a. bei längerer Einnahme, nicht zu vernachlässigen.

Wichtige Kontraindikationen sind:14

  • aktiver peptischer Ulkus
  • gastrointestinale Blutungen
  • entzündliche Darmerkrankungen
  • schwere Leberfunktionsstörungen
  • Kreatinin-Clearance < 30 ml/min
  • Herzinsuffizienz (NYHA II bis IV)
  • anhaltender Blutdruck über 140/90 mmHg
  • koronare Herzkrankheit
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit
  • zerebrovaskuläre Erkrankungen
  • Schwangerschaft, Stillen

Fazit

Etoricoxib gehört zur Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), der auch Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Diclofenac angehören. Letztere werden im zahnmedizinischen Alltag häufig verschrieben. Besonders nach zahnchirurgischen Eingriffen scheint Etoricoxib hinsichtlich der Schmerzvorbeugung und -bekämpfung mindestens gleichwertig zu sein. Gastrointestinale Nebenwirkungen sind, besonders bei kurzer Anwendung, seltener. Trotzdem sollte Etoricoxib, wie andere Medikamente auch, nur nach einer Anamnese und unter Beachtung der Kontraindikationen und Nebenwirkungen eingesetzt werden.  

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