Digitalisierungsstrategie: KZBV bezweifelt Praxistauglichkeit
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach präsentierte vergangenen Woche seine Pläne für IT-Anwendungen im Gesundheitswesen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) zeigte sich allerdings von den Ankündigungen des Ministers enttäuscht.
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Der folgende Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Redaktion: Marc Fröhling
Wie geht es weiter mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen? Seine Pläne für die Zukunft von IT-Anwendungen im System präsentierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach am 9. März in Berlin vor der Bundespressekonferenz. Zwei für die nächsten Wochen geplante Gesetze – das Digitalgesetz sowie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz – sollen, so der Minister, die weitere Digitalisierung „als Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit“ des Gesundheitswesens vorantreiben. Dabei komme der elektronischen Patientenakte (ePA) die Rolle der Schlüsselanwendung zu, um Daten für Wissenschaft, Forschung und Industrie generieren zu können. Auch die Telemedizin soll von der ePA profitieren, die nach den Vorstellungen des Ministers zudem auf Apotheken und Gesundheitskioske ausgeweitet werden soll. Datenschutzrelevante Fragen sieht Lauterbach als lösbar. Und auch die Rolle der gematik soll sich ändern. Als zukünftige digitale Gesundheitsagentur soll sie sich in Bälde zu 100 Prozent im Besitz des Bundes befinden.
Enttäuschung – insbesondere mit Blick auf die elektronische Patientenakte
Der Vorsitzende des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Wolfgang Eßer, äußerte sich zu den Plänen des Gesundheitsministers: „Eine die reale Versorgung der Patienten konkret verbessernde Digitalisierungsstrategie ist sehr zu begrüßen. Insofern sind wir von den nebulösen Ankündigungen des Ministers enttäuscht. Das gilt insbesondere für die vom Minister als Schlüsselanwendung bezeichnete elektronische Patientenakte, für deren Entwicklung die gematik verantwortlich zeichnet. Leider sind, wie auch der Minister in seiner Pressekonferenz feststellte, bereits 20 Jahre ins Land gegangen, ohne dass eine für die Patientinnen und Patienten wie auch Leistungserbringer nutzbare ePA zur Verfügung steht. Ganz zu schweigen davon, mit Hilfe der ePA medizinische Daten für Forschung und Wirtschaft zur Verfügung stellen zu können."
Lediglich auf die Leistungserbringer als Dateneinspeiser zu verweisen, sei fern jeder sinnhaften Lösung des Problems, so Eßer weiter. Wenn Minister Lauterbach das hohe Versorgungsniveau für die Patienten in Deutschland mit den von ihm vorgestellten Zielen und in dem von ihm gewünschten Tempo verbessern wolle, müsse er dafür Sorge tragen, dass die gematik schnellstmöglich für die ePA ein allseits konsentiertes Datenkonzept finalisiert. Denn sei die Voraussetzung für die Entwicklung der für die Interoperabilität von IT-Systemen zwingend notwendigen Softwareprogramme, ohne die weder eine weitestgehend automatisierte Datenbefüllung noch Datenextraktion der ePA möglich sein werde, so Eßer.
„Ministerielle Absenkung des Datenschutzes“ stößt auf Ablehnung
Die ministerielle Absenkung des Datenschutzes der Patienten, um eine vereinfachte breite Nutzung der Daten zu ermöglichen, lehnt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung nachdrücklich ab. Dieses Vorgehen sei das Gegenteil von der seitens des Ministers erneut bekräftigten Maxime, dass der Patient Herr seiner Daten ist.
„Selbstverständlich steht es dem Bund als Mehrheitsgesellschafter der gematik frei, über die Zusammensetzung der Gesellschafter zu entscheiden. Mit Blick auf die Finanzierung der zukünftigen Digitalagentur durch den Bund statt der Versichertengelder begrüßt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung diesen Schritt, allzumal dieser auch die Verantwortung für die zentral gewünschten Digitalisierungsmaßnahmen im Gesundheitswesen eindeutig adressiert." Inwieweit der Verzicht auf die Expertise der Leistungserbringer die Akzeptanz und Umsetzung zukünftiger Maßnahmen erhöhe, sollte seitens des Ministers einer nochmaligen kritischen Betrachtung unterzogen werden", schließt Eßer.