
Prostatakarzinom: Aktive Überwachung mit standardisiertem MRT erspart viele Biopsien
Bei der aktiven Überwachung des Prostatakarzinoms sind die hierbei vorgesehenen jährlichen Biopsien für Patienten sehr belastend. Durch die Einführung standardisierter MRT-Untersuchungen könnten viele Biopsien eingespart und die Überwachungsstrategie dadurch für Patienten mit Low-Risk-Karzinomen attraktiver werden.
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Der folgende Beitrag basiert auf dem Vortrag "Moderne MRT-gestützte Aktive Überwachung – Daten der PROMM-AS Studie" von Prof. Jan Philipp Radtke auf dem 75. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V.
Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Marina Urbanietz
Aktive Überwachung auch für jüngere Patienten
Die aktive Überwachung als Alternative zur radikalen Prostatektomie oder Bestrahlung ist nicht nur was für ältere Patienten mit begrenzter Lebenserwartung. Auch jüngere Männer mit Low-Risk-Karzinomen können dadurch profitieren, da potenzielle Nebenwirkungen der Operation wie Inkontinenz und erektile Dysfunktion reduziert werden, sagte Prof. Dr. Jan Philipp Radtke vom Prostatakarzinomzentrum des Universitätsklinikums Düsseldorf auf dem diesjährigen Urologie-Kongress in Leipzig.
Biopsien herausschieben
Ein MRT bzw. eine MRT/TRUS-Fusionsbiopsie vor Einschluss in ein „Activ-Surveillance“-Programm (AS) wird heute bereits in den Leitlinien gefordert und ermöglicht eine frühe Stratifizierung für und gegen eine Disqualifikation. In der PRECISE-Studie wurde in einem achtjährigen Follow-Up bei 672 Männern gezeigt, dass bei Anwendung serieller MRT nach bestimmten Beurteilungskriterien (PRECISE-Kriterien) in 50 % der Fälle ein Progress beobachtet wird. Bei 25 % bleibt die Erkrankung aber stabil, was die Chance bietet, Biopsien herauszuschieben.
PROMM-AS-Studie
In der prospektiven PROMM-AS-Studie wurde jetzt untersucht, ob eine MRT-geführte Überwachung ohne jährliche Re-Biopsien bei Low- und auch Intermediate-Risk-Karzinomen (ISUP 1 und 2) ausreichend Sicherheit bietet. Vor Einschluss erhielten die Patienten ein MRT mit einer MRT/TRUS-Fusionsbiopsie. Neben den üblichen regelmäßigen PSA-Kontrollen wurde nach 12 Monaten ein Stratifizierungs-MRT durchgeführt. Bei Progress erhielten sie eine erneute Fusionsbiopsie, bei stabiler Erkrankung wurde unter PSA-Kontrollen erst nach einem Jahr eine erneutes MRT ohne Biopsie vorgenommen. Nach 24 Monaten erfolgten zum Abschluss bei allen Patienten wieder ein MRT und eine TRUS-Fusionsbiopsie. Primärer Endpunkt der Studie war die Reduktion der Disqualifikationsrate von 25 auf 15 %. Schon in der Zwischenanalyse von 110 Patienten wurde aber klar, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann.
In der Low-Risk-Gruppe lag die Sensitivität des MRTs für das Erkennen eines histopathologischen Progresses bei 94 %, die Spezifität mit der Vorhersage eines stabilen Verlaufes bei 64 %. Immerhin konnten in dieser Gruppe (bei ISUP GG1) 88 % aller Biopsien vermieden werden.
Auch in der Intermediate-Risk-Gruppe mit 22 Patienten waren die Sensitivität und der positive Vorhersagewert mit 91 % hoch. Bei den 11 Patienten, die hier im ersten MRT einen Progress zeigten, war das Karzinom glücklicherweise immer noch auf die Prostata beschränkt. Somit scheint eine Ausdehnung der qualitativ guten Überwachung auch auf diese Gruppe möglich.
Hoher PRECISE-Score im MRT guter Prädiktor einer AS-Disqualifikation
In der Multivarianzanalyse erwies sich ein hoher PRECISE-Score (4-5) im MRT als guter Prädiktor einer Disqualifikation für die aktive Überwachung. Das galt sowohl für Low-Risk- als auch für Intermediate-Risk-Karzinome. Das standardisierte MRT könnte somit ein erster Schritt in Richtung individualisierte aktive Überwachung des Prostatakarzinoms mit Herauszögern der Biopsien sein.
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