Stadt- oder Landleben: Was ist besser für die Gesundheit?
Das Leben in der Stadt bietet mehr Arbeitsmöglichkeiten, besseren Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und viele kulturelle Veranstaltungen. Landleben geht hingegen mit einem besseren Gemeinschaftsgefühl und mehr Nähe zur Natur einher. Britische Forschende haben untersucht, was für den Geist gesünder ist.1
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Autor: Christoph Renninger
Langzeitstudie im Vereinigten Königreich
In der UK Household Longitudinal Study (UKHLS) werden seit 2009 jährlich Daten von knapp 40.000 Haushalten erhoben.² Dabei werden Informationen über soziale, ökonomische, gesundheitliche und Verhaltensfaktoren gesammelt. In verschiedenen Studien wurden die Daten herangezogen, um zu untersuchen, ob und wie sich die Wohngegend auf die mentale Gesundheit auswirkt.
Mehr Bewegung in der Stadt?
Es ist bekannt, dass körperliche Aktivität zu einer Reduzierung von Angsterkrankungen und Depressionen führen kann, neben einer besseren Stimmung und mehr Wohlbefinden. Eine einfache Art sich mehr zu bewegen, ist es Strecken mit dem Rad oder zu Fuß zurückzulegen, etwa auf dem Weg zur Arbeit oder Einkaufen.
Eine Auswertung der UKHLS-Daten zeigte, dass es bei Stadtbewohnern im Vergleich zu Bewohnern ländlicher Regionen um 64% wahrscheinlicher ist, sich aktiv fortzubewegen.3 Dies liegt möglicherweise daran, dass die Distanzen zwischen Läden, Arbeitsorten und Wohnungen kürzer sind. Die Forschung zeigt, je mehr aktive Fortbewegung, desto besser ist die mentale Gesundheit. 4
Doch auch wenn das Stadtleben es eher erlaubt Strecken zu Fuß oder mit dem Rad zu bewältigen, heißt das nicht, dass es nicht andere Wege gibt, körperliche Aktivität in den Lebensalltag zu integrieren und damit es für die geistige Gesundheit zu tun.
Zugang zur Natur
Grünflächen, wie Parks und Gärten, können bestimmte Aspekte der Gesundheit und des Wohlbefindens beeinflussen.5 Ob die Nähe zur Natur auch Auswirkungen auf die mentale Gesundheit hat, untersuchte eine weitere UKHLS-Analyse. Dabei zeigte sich, dass die Umgebung keine Vorhersagen über das seelische Wohlbefinden erlaubte.6
Eine grüne Umgebung kann also positive Effekte haben, sie in der Nähe zu haben, bedeutet jedoch nicht, sie auch zu nutzen. Ein Leben in ländlich-geprägten Regionen ist also nicht von sich aus besser, weil die Natur leichter zugänglich ist. Diese bestätigte sich in einer Studie, die in 18 Ländern keinen Zusammenhang zwischen Grünflächen in der Wohngegend und mentaler Gesundheit fand.7
Jedoch fanden die Forschenden heraus, dass je häufiger eine Person sich in natürlicher Umgebung aufhält, desto besser war das mentale Wohlbefinden. Auch die Art der Interaktion mit der Natur, z.B. durch Photographien und bewusster Wahrnehmung wirkt sich auf die vorteilhaften Effekte aus.8 Das Leben in urbanen Regionen kann also genau so gut sein, wenn es um Vorzüge naturbelassener Orte geht.
Luftqualität hat Auswirkungen
Zahlreiche Studien haben Verbindungen zwischen schlechterer mentaler Gesundheit und Luftverschmutzung gezeigt. Ein Review von 111 Studien legt sogar nahe, dass verschmutzte Luft Veränderungen in Hirnregionen verursachen könnte, welche für die Kontrolle von Emotionen verantwortlich sind.9
Im Vereinigten Königreich zeigte eine Analyse, dass Menschen, die einer erhöhten Luftverschmutzung ausgesetzt waren über eine geringere Zufriedenheit mit ihrem Leben berichteten.10 Die Luftverschmutzung wirkte sich dabei vergleichbar aus wie Lebensereignisse wie etwa eine Scheidung.
Generell ist die Luftqualität in ländlichen Gegenden deutlich besser als in Stadtgebieten, was eine höhere Lebensqualität in dieser Hinsicht nahelegt. Allerdings werden auch in der Agrarindustrie eine hohe Zahl an Schadstoffen ausgestoßen, so dass die Qualität der Umgebungsluft auch vom Wohnort abhängt.
Regionale Unterschiede zählen
Dies alles sind nur einige Faktoren, die sich auf das seelische Wohlbefinden auswirken können. Weder das Stadt- noch das Landleben an sich ist signifikant besser oder schlechter für die Seele und Psyche. Soziale und ökonomische Faktoren spielen eine ebenso wichtige Rolle, und auch welche Aspekte des Lebenswandels einem besonders wichtig sind.
So zeigte eine weitere Studie, dass die Region eines Landes, in dem man lebt, ebenfalls für die mentale Gesundheit von Bedeutung ist. Dabei zählen Lebenshaltungskosten, Lokalpolitik und die Einkommensmöglichkeiten mit zu den entscheidenden Kriterien, eher als eine ländlich oder urban geprägte Nachbarschaft.11