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Psychiatrie kompakt

05. Nov. 2020
Psychiatrie & Psychotherapie

3 aktuelle Studien-Häppchen

Lesen Sie hier eine Übersicht über drei kürzlich veröffentlichte Studien aus dem Themenbereich der Psychologie und Psychiatrie.

Lesedauer: ca. 2 Minuten

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Redaktion: Dr. med. Laura Cabrera

SSRI von Vorteil bei Patienten mit problematischer Kindheit 1

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind laut einer Studie aus den USA bei Patienten mit Widrigkeiten in der Kindheit („adverse early life events“, gemessen mit dem Childhood Trauma Questionnaire) in einem Behandlungszeitraum von 12 Wochen wirksamer als kognitiv-behaviorale Therapie (KBT), wenn es darum geht, depressive Symptome zu lindern. 

96 erwachsene Patienten wurden randomisiert einer 12-wöchigen Behandlung zugeteilt, entweder einer kognitiv-behavioralen Therapie (1x/Woche für 60 min) auf Basis Diagnose-spezifischer, evidenzbasierter Therapiemanuale. Die Teilnehmer in der Medikamenten-Gruppe wurden mit einem gängigen SSRI behandelt und individuell aufdosiert.

Die Primärhypothese der Autoren, dass Menschen mit Widrigkeiten in der Kindheit von beiden Interventionen schlechter profitierten, bestätigte sich nicht. Die Kindheitserlebnisse erwiesen sich jedoch als Moderatorvariable – Personen mit einer Vorgeschichte des Missbrauchs oder der Vernachlässigung erlebten unter SSRI eine stärkere Reduktion der depressiven Symptome als mit KBT. Personen ohne eine solche Vorgeschichte profitierten stärker von KBT als von SSRI. Bei der Reduktion von Angstsymptomen konnte kein solcher Effekt gezeigt werden.

Hier geht’s zur Originalpublikation in Cognitive Therapy and Research.

Epiduralanästhesie & Autismus: Mangelhafte JAMA-Studie 2

Eine US-amerikanische Kohortenstudie, veröffentlicht in JAMA Pediatrics, will bei Kindern, die unter Epiduralanästhesie (EDA) geboren wurden, ein signifikant höheres Risiko für eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS) nachgewiesen haben. Allerdings weist die Studie eklatante Desginfehler auf.

Ausgewertet wurden Daten von 147.895 zwischen 2008 und 2015 vaginal entbundenen Kindern, die entweder bis zur Diagnosestellung einer ASS oder bis 2018 nachverfolgt wurden. Dabei war das kindliche Risiko für eine Autismus-Spektrum-Störung nach einer EDA um 37 % erhöht (Hazard Ratio 1.37, 95% KI 1.23-1.53), mit Trend zu einem zunehmenden Risiko mit längerer Dauer der EDA.

Allerdings haben die Forscher nicht untersucht, ob es bereits eine genetische Vorbelastung in der Familie gab. Ebenso wurden Kinder, die aus schlechteren sozio-ökonomischen Verhältnissen stammten, vermehrt vom Follow-up ausgeschlossen, was mit dem US-amerikanischen Gesundheitssystem zusammenhing. Gynäkologen aus den USA und Anästhesisten aus Großbritannien erklärten in Pressemitteilungen, dass die vorliegende Studie nicht als Grundlage zur Behandlung und Beratung Gebärender genutzt werden sollte.

Lesen Sie mehr im Artikel bei coliquio oder im Originalartikel bei JAMA Pediatrics.

Neuroborreliose scheint nicht zu mehr psychischen Krankheiten zu führen 3

Ob es einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung psychischer Erkrankungen und einer Neuroborreliose gibt, wird kontrovers diskutiert. In einer dänischen Registerstudie stellte sich in einem Beobachtungszeitraum von maximal 15 Jahren kein erhöhtes Risiko für eine psychische Erkrankung heraus, wohl aber, dass Patienten kurz nach der Diagnose vermehrt Psychopharmaka erhielten.
Die verwendeten Medikamente könnten jedoch mit dem Ziel der Reduktion nächtlicher Schmerzen eingesetzt worden sein, wie sie bei der Neuroborreliose typischerweise auftreten. Mehr Details zur Studie finden Sie im coliquio-Beitrag.

Hier geht’s zur Originalpublikation in JAMA Psychiatry.

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