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Psychiatrie kompakt

20. Juli 2023

Probiotika als wirksame Zusatztherapie bei Depressionen

Schon länger ist bekannt, dass Mikroben aus dem Darm über die Darm-Hirn-Achse auch die Psyche beeinflussen können. Somit ist es auch denkbar, dass geeignete Probiotika positive Effekte bei psychischen Erkrankungen haben können. In einer Pilotstudie konnte dies jetzt bei Patienten mit schweren Depressionen gezeigt werden.1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Junge Frau mit Depressionen
(Foto: Getty Images | JochenSchoenfeld)

Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Sebastian Schmidt

Etwa 60 % der Patienten mit Major-Depression sprechen auf die First-Line-Behandlung nur unzureichend an und ein Drittel leiden auch nach der Behandlung weiter an Symptomen. Der Bedarf an zusätzlichen Therapieoptionen ist somit hoch – das Mikrobiom ein möglicher Ansatzpunkt.

Studie mit 49 Teilnehmenden

Viktoriya L. Nikolova vom Institut für Psychiatrie, Psychologie und Neurowissenschaft des King’s College in London haben in ihre Studie 49 Erwachsene (im Mittel 31,7 Jahre) mit schwerer Depression eingeschlossen, die bisher auf ihre antidepressive Therapie ungenügend angesprochen haben.

24 Probanden erhielten über acht Wochen zusätzlich zur bisherigen Therapie das Probiotikum „Bio-Kult Advanced“ mit 14 verschiedenen Bakterienspezies (vor allem Lactobazillen, Bifidobakterien und Streptococcus thermophilus) in einer Dosierung von 8 Millionen koloniebildenden Einheiten pro Tag.

Die anderen 25 erhielten Placebo. Zu Beginn und nach 4 und 8 Wochen wurde bei allen Teilnehmenden mit verschiedenen validierten Skalen die Depressivität und Ängstlichkeit getestet.

Verbesserungen beobachtet

Bei allen Teilnehmenden kam es zu einer Besserung der Depression, die aber in der Probiotika-Gruppe stärker ausgeprägt war. Nach 4 Wochen war der Unterschied der depressiven Symptomatik nach der Hamilton Depression Rating Scale (HDRS) signifikant, nach 8 Wochen auch nach dem Inventory of Depressive Symptomatology (IDS).

Auch die Angstsymptomatik ließ in der Verumgruppe stärker nach, was nach 8 Wochen signifikant war. Die Effektstärke berechnete das Team mit 0,64 bis 0,79, was einem mittelstarken Effekt entspricht. Die Probiotika wurden gut vertragen, schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. Die Adhärenz (beruhend auf der Kapselzählung) war mit 97,2 % hoch.

Limitationen und Ausblick

Als Limitation geben die Autoren neben der geringen Probandenzahl einer Pilotstudie an, dass nicht abgeschätzt werden kann, ob der Effekt allein auf Interaktionen mit den SSRI beruht oder auch auf andere Behandlungsformen übertragen werden kann.

Nach ihrer Einschätzung handelt es sich aber um ein erfolgversprechendes Behandlungskonzept, das in größeren randomisierten Studien weiter untersucht werden sollte.

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