
Depression und Suizide in der Ärzteschaft
Burn-Out, Depressionen, Stress bei der Arbeit und die Herausforderungen der Covid-19-Pandemie haben bei vielen Ärztinnen und Ärzten Spuren hinterlassen. Bei manchen waren Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit so groß, dass es zu Suizidgedanken kam.1
Lesedauer: ca. 2 Minuten

Autor: Christoph Renninger
Umfrage mit mehr als 13.000 Teilnehmenden
Medscape befragte in den USA mehr als 13.000 Ärztinnen und Ärzte über ihre Erfahrungen mit Depressionen und Suizidgedanken, ihren Umgang damit, ob und wo sie Hilfe suchten, wie sie Kolleginnen und Kollegen unterstützen und was sie für ihre seelische und psychische Gesundheit tun.
Insgesamt nahmen 13.069 ärztliche Tätige aus den USA teil, die in 29 verschiedenen Fachgebieten arbeiten. Die Online-Umfrage fand zwischen Juni und September 2021 statt.
Jeder Fünfte mit Depressionen


Etwa 21% der Befragten gaben an, depressiv zu sein. Von diesen hatten 24% die klinische Diagnose einer Depression, weitere 64% waren niedergeschlagen oder traurig, also umgangssprachlich depressiv.
Vor der Pandemie zeigte eine Studie am Penn State College of Medicine in Pennsylvania, dass etwa 10% aller untersuchten Ärztinnen und Ärzte an einer schweren Depression litten. Inzwischen sei die Rate auf 30-33% gestiegen, so Studienautor Prof. Dr. Daniel Shapiro. Ein Grund sei dafür, dass viele Ärztinnen und Ärzte tragische Todesfälle auf Covid-19-Intensivstation miterleben.
Auch Ärztinnen und Ärzte denken an Suizid
Etwa jeder Zehnte der Ärztinnen und Ärzte, die angaben unter Depressionen zu leiden, hatten Suizidgedanken oder gar einen Suizidversuch begangen. Aktuelle Studien zeigen, dass Selbstmordgedanken in der ärztlichen Berufsgruppe häufiger sind als in der allgemeinen Bevölkerung (7,2% vs. 4%).2


Die Rate an Suizidgedanken ist im Vergleich zur Medscape-Umfrage 2019 gesunken, damals hatten noch 14% der Befragten von Suizidabsichten berichtet, im Jahr 2020 waren es sogar 22%. Die Zahl der Suizidversuche ist konstant bei 1% geblieben.
Fachgruppen mit den häufigsten Suizidgedanken


In der Umfrage hatten Beschäftigte aus den Bereichen Pathologie, Chirurgie und Onkologie am häufigsten Suizidgedanken. Auch die Fachgebiete Infektionskrankheiten, Notfallmedizin und Endokrinologie wiesen hohe Werte auf.
Am unteren Ende der Skala hingegen lagen die Gruppen Orthopädie, Rheumatologie (jeweils 5%) und Nephrologie (2%). Allerdings waren die Teilnahmezahlen für die Fachrichtungen unterschiedlich hoch, was einen direkten Vergleich erschwert.
Hilfe für Kolleginnen und Kollegen
Wenn Kolleginnen oder Kollegen ihre Suizidgedanken offenbarten, suchten die meisten der befragten Ärztinnen und Ärzte das persönliche Gespräch und empfahl die Suche nach professioneller Hilfe. Seltener wurde mit Familienangehörigen oder Vorgesetzten über das Geschehen gesprochen. Nur ein sehr geringer Anteil unternahm keine Versuche Hilfe anzubieten.


Etwas für die Seele tun


Bei der Frage nach Tätigkeiten, um etwas für die eigene seelische Gesundheit und Freude zu tun, wurden die Zeit mit Familie und Freundeskreis, Hobbys and erfreuliche Aktivitäten oder körperliches Training am häufigsten genannt. Etwa zwei Drittel der Befragten nutzt die Zeit neben der Arbeit in dieser Weise.
Genügend Schlaf und eine gesunde Ernährung spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. 9% begibt sich für das Wohlbefinden in professionelle Therapie. Zu den Punkten unter „Anderes“ zählten z.B. Religion, Teilzeitarbeit oder der Umgang mit den eigenen Haustieren.