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Psychiatrie kompakt

17. Aug. 2023
Gendermedizin

Frauen reagieren anders auf Stress als Männer

Das erste Jahr der Corona-Pandemie wurde von vielen Menschen als sehr stressig und angstbesetzt empfunden, was z.T. auch Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit hatte. Allerdings reagieren Männer und Frauen ganz unterschiedlich auf die mit der Pandemie einhergehenden Belastungen, wie ein Forschungsteam der Würzburger Universitätsmedizin jetzt zeigen konnte.

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Gendermedizin Stress
Die Studienergebnisse könnten dazu beitragen, unterstützende Maßnahmen zur Resilienzbildung in Zukunft mehr geschlechterspezifisch auszurichten. (Foto: © Getty Images / Katerina Sisperova)

Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Marina Urbanietz

Fragebögen von 1.370 Männern und 1.520 Frauen ausgewertet

Schon lange ist bekannt, dass psychosoziale Faktoren einen starken Einfluss auf die Gesundheit und Lebensqualität haben. Dies gilt insbesondere, wenn äußere Stressoren wie die Lebensbedingungen in der Pandemie hinzukommen. Geschlechterunterschiede wurden bei entsprechenden Erhebungen aber bisher nur wenig berücksichtigt.

Für ihre Untersuchung zu geschlechtsspezifischen Unterschieden als Reaktion auf Stress setzten die Forschenden eine Netzwerkanalyse ein, mit der sich komplexe Beziehungen zwischen mehreren Variablen darstellen lassen. Ausgewertet wurden dazu Fragebögen von 1.370 Männern und 1.520 Frauen, die zwischen Juni und Oktober 2020 ausgefüllt worden waren. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in Nature (DOI: 10.1038/s41598-023-38525-8) veröffentlicht. 1

Angst hatte den stärksten negativen Einfluss auf die psychische Gesundheit

Für beide Geschlechter zeigte sich, dass der Faktor „Angst“ den stärksten negativen Einfluss auf die psychische Gesundheit hatte. Trotzdem ergaben sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Bei Männern nahm die Angst vor allem mit der zunehmenden Sorge um den Arbeitsplatz zu – dieser Effekt war bei den Frauen nicht nachweisbar. Bei ihnen stiegen die Angstwerte mit der größer werdenden Sorge um Familie und Freunde

Untersucht wurde auch, welche Faktoren sich positiv in den Pandemiezeiten auswirkten. Frauen empfanden hier vor allem die Unterstützung durch Freunde und Familie als positiv, die bei ihnen mit einem Plus an Lebensqualität verbunden war. Bei Männern war dieser Effekt nicht zu beobachten.

Maßnahmen zur Resilienzbildung geschlechterspezifisch ausrichten

Die Ergebnisse lassen sich am ehesten mit traditionellen Geschlechterrollen erklären, nach denen der Mann sich eher über die Arbeit definiert, während Frauen für die Familie und soziale Kontakte zuständig sind. Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, unterstützende Maßnahmen zur Resilienzbildung in Zukunft mehr geschlechterspezifisch auszurichten, schrieben die Autoren.

Limitierend könnte nach Aussage der Autoren sein, dass nur 34- bis 84-Jährige aus dem Raum Würzburg befragt wurden. Damit ist unklar, ob sich die Ergebnisse eins zu eins auf andere Populationen und Regionen oder auf andere stressige Lebenssituationen außerhalb der Pandemie übertragen lassen.

Quellen

1. Weiß, M.et al; Differential network interactions between psychosocial factors, mental health, and health-related quality of life in women and men. Sci Rep 13, 11642 (2023). DOI: https://doi.org/10.1038/s41598-023-38525-8.

 

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