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Psychiatrie kompakt

22. Feb. 2023
Interview

Feuer, Brandstiftung und die Dunkle Tetrade

Wie hängen das Interesse an Feuer und Brandstiftung mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen (Narzissmus, Machiavellismus, Psychopathie und Sadismus) zusammen? Dieser Frage ging ein deutsches Forschungsteam nach. Dr. Caroline Wehner, die Erstautorin der Studie im Interview.1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Feuer
(Getty Images / nonnie192)

Redaktion: Christoph Renninger

Sie haben im vergangenen Jahr eine Studie veröffentlicht, die Verbindungen zwischen dem Interesse an Feuer, Brandstiftung und der Dunklen Tetrade untersucht. Weshalb wurde dieses Thema gewählt?

Dr. Wehner: Im Bereich der Persönlichkeitspsychologie finde ich vor allem spannend, Zusammenhänge zu Outcomes zu untersuchen, die relevant für unser Leben sind. Brandstiftung ist ein solches Outcome, welches bisher hauptsächlich in klinischen oder forensischen Stichproben untersucht worden ist. Daher war es für uns besonders interessant, die Zusammenhänge zur Persönlichkeit in einer nicht klinischen Stichprobe zu untersuchen.

Mit welchen Methoden haben Sie die Fragestellung untersucht?

Dr. Wehner: Die Daten haben wir bei 220 Studierenden mit einem Onlinefragebogen erhoben. Zunächst haben wir uns dann die Zusammenhänge in Form von Korrelationen angeschaut. Um jedoch zu wissen, welche Persönlichkeitseigenschaften wichtig sind, wenn man für die anderen Persönlichkeitseigenschaften kontrolliert, haben wir darüber hinaus Pfadanalysen und logistische Regressionen gerechnet.

Was waren die wichtigsten Ergebnisse?

Dr. Wehner: Sowohl für Interesse an Feuer als auch für Brandstiftung waren Psychopathie und physischer Sadismus wichtige Prädiktoren. Einen Unterschied haben wir in Bezug auf stellvertretenden Sadismus gefunden. Dieser war ein signifikanter Prädiktor für Brandstiftung, nicht aber für Interesse an Feuer.

Zum besseren Verständnis sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass die Dunkle Tetrade (also Narzissmus, Machiavellismus, Psychopathie und Sadismus) in der Persönlichkeitspsychologie als dimensionale Konstrukte verstanden werden. Es wird also angenommen, dass jede und jeder eine niedrige, mittlere oder vielleicht auch hohe Ausprägung auf den Konstrukten hat. Wenn die Ausprägung extrem hoch ausfällt, wäre man dann im Bereich von klinischer Relevanz.

Welche Unterschiede gibt es zwischen Interesse an Feuer, Brandstiftung und Pyromanie?

Dr. Wehner: Pyromanie ist eine nach DSM-5 klassifizierbare Störung der Impulskontrolle. Neben einem hohen Interesse an Feuer und mehrfacher Brandstiftung spielt hier auch das Gefühl der Person von Spannung und Erregung vor und Erleichterung nach dem Legen eines Feuers eine Rolle.

Eine einmalige Brandstiftung ist also noch kein hinreichendes Kriterium für eine Pyromanie, kann aber eben ein Indikator für eine solche sein. Ein bloßes Interesse an Feuer ist per se natürlich gar nicht schädlich. Wenn Interesse an Feuer, hohe Werte in Psychopathie und Sadismus nun zusammenkommen, erhöht sich aber eben das Risiko für Brandstiftung.

Welche Auswirkungen haben die Befunde auf das Fachgebiet und die Gesellschaft?

Dr. Wehner: Für das Fachgebiet zeigt sich, dass Persönlichkeitseigenschaften durchaus eine Rolle spielen und bei Straftatbeständen wie Brandstiftung nicht vernachlässigt werden sollten. Für die Gesellschaft zeigt sich meiner Meinung nach, dass es gewisse Faktoren in der Persönlichkeit gibt, die risikoreiches Verhalten fördern. Trotzdem sollte man hier natürlich vorsichtig vor voreiligen Schlüssen sein.  

Dr. Caroline Wehner
Dr. Caroline Wehner

Dr. Caroline Wehner hat an der Humboldt-Universität zu Berlin Psychologie studiert. Ihre Promotion in der psychologischen Diagnostik beschäftigte sich mit dem Thema "Narcissm and Friendship Quality: An Investigation of Long-Term Friendships. Derzeit hat vertritt sie die Professur für psychologische Diagnostik und differentielle Psychologie an der Psychologischen Hochschule Berlin (PHB).

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