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Praxismanagement

27. Feb. 2023

Zukunftsmodell Teampraxis: So steigern Sie den Wert Ihrer Praxis

Zu viel Versorgungsbedarf und viel zu wenig Zeit für das, wofür man ausgebildet wurde, nämlich die medizinische Arbeit am Menschen, darüber beschweren sich viele Praxisinhaber mit Recht. Eine Lösung könnten teambasierte Praxen sein mit Vorteilen für alle – nicht zuletzt, weil so der Wert der Praxis steigerbar ist.

Lesedauer: ca. 4 Minuten

Team aus Ärzten und MFA
Wie sieht das Praxisteam der Zukunft aus? Ein akutes Thema auch für abgebende Praxisinhaber. (Symbolbild) (Foto: Getty Images / LuckyBusiness)

Der folgende Beitrag wird vertreten von der Anwaltskanzlei Broglie & Schade. Redaktion: Sebastian Schmidt

Volle Wartezimmer, Zeitdruck, Bürokratie und Fachkräftemangel, so schallt es landauf landab, fragt man nach den Herausforderungen vor denen niedergelassenen Medizinerinnen und Mediziner heute stehen. Dabei gilt es, eine Lücke zu schließen, die auch aus innerärztlichen Veränderungsprozessen entstanden ist. So beispielsweise durch die Feminisierung des Berufs und dem voranschreitenden Verschwinden der kleinen, selbstständigen Einzelbehandlerpraxen. Die jüngsten Berechnungen des ZI zeigen das klar, die gewohnte Versorgung der Bevölkerung wird ohne gravierende Veränderungen nicht aufrechterhalten werden können.

Rat ist teuer, die angekündigte Steigerung von Studienplätzen für Medizin wird frühestens in 12 Jahren zu einer Entlastung führen. Doch darauf kann die Gesellschaft nicht warten. Denn viele Ärztinnen und Ärzte gehen nun altersbedingt in den Ruhestand. Allein im hausärztlichen Bereich sollen bis 2033 11.000 Praxen nicht nachbesetzbar sein. Und die Abgabewelle läuft.1

Ein Problem ist diese Entwicklung nicht nur für abgabewillige Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber. Sondern auch für Kammern, Kassenvereinigungen (KV) und Berufsverbände, die unter massivem gesundheitspolitischen Erwartungsdruck stehen. Das neue Zauberwort zur Lösung des Problems heißt: „Teampraxis“.

Über den Autoren:
Hans-Joachim Schade, Fachanwalt für Medizinrecht
Hans-Joachim Schade (Foto: Kanzlei Broglie & Schade)

Hans-Joachim A. Schade ist Fachanwalt für Medizinrecht und Wirtschaftsmediator von der Rechtsanwaltskanzlei “Broglie, Schade & Partner GbR” mit den Sitzen in Wiesbaden, Berlin und München.

Qualifiziertes Personal entscheidend für Praxisabgabe

Am Kurswechsel zur Teampraxis wird seit längerer Zeit unter Mitarbeit von Verbänden, Kammern und Politik gearbeitet. Denn nicht die Größe des Patientenstamms ist mittlerweile nicht mehr das zentrale Entscheidungskriterium für eine Übergabe.

Qualifiziertes Personal, das die ärztliche Arbeit in der Übernehmerpraxis entlasten kann, wird immer wichtiger. Die zentrale These hierfür kommt von Prof. H. Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein. Er formuliert, Delegation müsse wegen des Mangels an Arztzeit dringend neu gedacht werden.

Die Zukunftsfrage lautet also: Kann das Personal den zeitknappen Arzt bei der Praxisstruktur 2.0 in der Übernehmerpraxis umfassend entlasten? Ein wichtiger Baustein soll das Berufsbild der akademisierten Physician Assistants (PA)  sein. Ziel ist die Entlastung und Unterstützung der ärztlichen Arbeit am Patienten und im Management. Und die ersten Weichen sind gestellt. Zurzeit gibt es etwa 750 PA-Absolventen und 1.600 Studierende in diesem Bereich. Für ein niedrigschwelligen Einstieg in den Bachelor-Studiengang sorgt zudem die Regelung, ihn auch ohne Abitur mit einer Sonderprüfung beginnen zu können.

Damit haben es Abgabewillige jetzt selbst in der Hand, durch die Investition in die Ausbildung des Personals ihre Praxen für die Kaufinteressierte attraktiver zu machen.

Sind Physician Assistants die Lösung?
Physician Assistant
(Foto: GettyImages / Luis Alvarez)

Mehr Delegation an Physician Assistants, das scheint sich in den rechtlichen und berufspolitischen Diskussionen immer mehr abzuzeichnen. Skepsis weicht dabei zunehmendem Handlungsdruck.
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Arbeit im Team: Etablierte Strukturen vs. Übernehmerwunsch

Von der Mehrheit der niedergelassenen Ärzte wurde der tiefgreifende Positionswechsel zur Delegation bisher oft nicht bewusst wahrgenommen . Sicher wird sie auch jetzt noch viele Widerstände erfahren. Doch der Wunsch des ärztlichen Nachwuchses ist es, Zeit für bessere Patientengespräche und nicht noch mehr Arbeitsverdichtung zu haben. Das ist auch ein Thema für Praxisabgeber, fürchten Sie verständlicherweise doch Patienten-Entfremdung und die Investition in die Personalausbildung zum Ende der Berufstätigkeit. Klar ist: Es werden schwierige Abwägungsprozesse entstehen.

Delegation: Chance für eine erfolgreiche Praxisübergabe

Da statistisch die Übergabe an selbstständige Nachwuchsärzte immer seltener wird, ist die neue Idealkombination das ärztlich geleitete Team. Und das lässt für Abgebende durchaus Raum für eine positive Gestaltung der Arbeit in den letzten Jahren und Monaten. Denn wenn sie ihre Tätigkeit mit erweiterter Delegation ausklingen lassen, gelingt so die Übernahme der Leitungsfunktion durch Teilzeitärzte wohl leichter.

Denkbar ist auch, die Funktion gar nicht nachzubesetzen. Dies insbesondere dann, wenn auch weitere Kolleginnen und Kollegen in einer Mehrbehandlerpraxis das neue Praxisablaufmodell übernehmen. Die ärztliche Kontaktzeit sinkt dann von 8 auf 4 Minuten bei bekannten Personen. Weiterhin höhere Kontaktzeiten haben diejenigen Personen, die mit komplexen Krankheitsbildern neu kommen oder Unterstützung in existenziellen Fragen brauchen.

Da aber gerade in der Frage der Delegation noch einige rechtliche Unsicherheiten bestehen, gilt es, diese in den nächsten Jahren juristisch und gesetzgeberisch aufzuarbeiten. Sinnvoll ist es für Interessierte daher immer, die KV über den Einsatz von PA zu informieren, alleine schon um Konflikten bei der Plausibilitätsprüfung zu entgehen.

Aus der Not heraus in die gelungene Praxisabgabe

Diese aus der Not geboren Schritte zur Teampraxis werden auf tiefe, unbewusste und bewusste Vorbehalte über das richtige Arztverständnis und Arztverhalten stoßen. Fest steht aber: Auf diese Weise können etablierte Medizinerinnen und Mediziner ihren Beruf und dessen neues Existenzrecht im Wettbewerb mit anderen Gesundheitsberufen absichern, weil sie so zeitnah die Versorgung der Bevölkerung trotz Arztzeitmangel gewährleisten. Und für die Abgabe liefert das Modell in jedem Fall eine zeitgemäße und zukunftssichernde Verkaufsstrategie.

Webinar: Radikaler Kurswechsel bei unternehmerischen Praxisstrukturen durch KBV bis 2025

Die Rechtsanwaltskanzlei „Broglie, Schade & Partner GbR” veranstaltet am 01. März 2023 von 18 bis 19.30 Uhr ein Online-Seminar für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Einzelpraxis, BAG oder MVZ.

  • KBV-Positionspapier zur erweiterten Delegation und seine strategischen und wirtschaftlichen Hintergründe
  • Folgen für die ambulante Praxis – schon heute
  • Wie bereite ich meine Praxis optimal vor
  • Ärztliche Kooperationen mit Kollegenpraxen zum Einsatz von Arztassistenten/PA
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