Titelbild von Praxismanagement
Logo von Praxismanagement

Praxismanagement

15. Dez. 2020

Jameda wirft Arzt positive Fake-Bewertungen vor – und gewinnt

Erneut hat sich ein Arzt gerichtlich mit dem Ärztebewertungsportal jameda auseinandergesetzt. Bisher waren viele Ärzte-Klagen erfolgreich. Doch im aktuellen Urteil sprach sich das Oberlandesgericht Frankfurt für jameda aus. 1

Lesedauer: ca. 3 Minuten

In-Artikel Bild

Dieser Beitrag wird vertreten von Alexa Frey, Fachanwältin für Medizinrecht. Redaktion: Marina Urbanietz.

Arzt weist Vorwürfe zurück

Jameda hatte einen Arzt darüber informiert, dass auf seinem Profil gefälschte positive Bewertungen, sog. Fake-Bewertungen, veröffentlicht worden seien. Er wurde daher aufgefordert aufzuklären, wie es dazu habe kommen können. Für den Fall der Nichtaufklärung drohte jameda an, die Nutzer per Warnhinweis auf dem Profil des Arztes darüber zu informieren, dass es gekaufte Bewertungen auf seinem Profil gebe. Der Arzt wies den Vorwurf zurück. Dennoch veröffentlichte jameda auf dem Arztprofil den folgenden Warnhinweis:

„Bei einzelnen Bewertungen auf diesem Profil haben wir Auffälligkeiten festgestellt, die uns veranlassen an deren Authentizität zu zweifeln. Wir haben den Profilinhaber mit dem Sachverhalt konfrontiert. Hierdurch ließ sich die Angelegenheit bisher nicht aufklären. Der Profilinhaber bestreitet für die Manipulation selbst verantwortlich zu sein.Damit sich die Nutzer ein Bild von der Glaubwürdigkeit der Bewertungen eines Profils machen können, kennzeichnen wir Profile, bei denen Verdachtsfälle auf Manipulation in Form von gekauften oder in unlauterer Weise beeinflussten Bewertungen aufgetreten sind. Ob die Manipulationen vom Profilinhaber veranlasst wurden, können wir trotz Kontaktaufnahme derzeit nicht endgültig beurteilen. (…)”

Eilantrag auf Löschung des Warnhinweises abgelehnt

Der betroffene Arzt verlangte im gerichtlichen Eilverfahren die Löschung des Warnhinweises, da es sich bei dem Text um unwahre Tatsachenbehauptungen handele. Der Arzt habe bestätigt, dass ihm aufgrund der fehlenden Angaben in den Bewertungen keine Anhaltspunkte vorlagen, von welchen Patienten die Bewertungen stammten. Auch aufgrund der seitdem vergangenen Zeit sei es nicht mehr möglich nachzuvollziehen, wer welche Bewertung geschrieben habe. Lediglich eine Bewertung habe er einem Patienten zuordnen können. 

Das erstinstanzlich zuständige Landgericht lehnte den Eilantrag des Arztes ab. Auch die Beschwerde vor dem Oberlandesgericht hatte keinen Erfolg. 

Warnhinweis keine unwahre Tatsachenbehauptung

Der Warnhinweis stelle keine unwahre Tatsachenbehauptung dar. Zwar sei der Warnhinweis geeignet, sich auf das persönliche und unternehmerische Ansehen des betroffenen Arztes auszuwirken und könne dazu führen, dass sich Patienten, die sich über die Plattform der Beklagten informieren, gegen ihn als behandelnden Arzt entscheiden, dennoch sei der Warnhinweis nicht rechtswidrig. Er stelle klar, dass der Arzt selbst die Vorwürfe bestreite und lediglich der Verdacht bestehe, dass eine Manipulation, bspw. in Form gekaufter Bewertungen vorläge.

Diese Aussage sei zudem von den Grundsätzen der sog. Verdachtsberichterstattung gedeckt, da die Darstellung keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalte. Es bestehe keine präjudizierende Darstellung, die den unzutreffenden Eindruck erwecke, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Vielmehr werde der Nutzer lediglich über den Verdacht manipulierter/gekaufter Bewertungen im Profil des Arztes informiert.

Empfehlung der Redaktion: “Negative Bewertungen im Netz: So reagieren Sie richtig”
Bewertungen im Internet spielen für viele Patienten eine wichtige Rolle bei der Arztwahl. Doch nicht immer sind die dargestellten Meinungen objektiv und fair. Wie können Ärzte mit negativen Bewertungen rechtssicher umgehen? Zum Beitrag >>

jameda legt Beweise in Form von Emails und IP-Adressen vor

Ferner habe jameda anhand von E-mails und IP-Adressen gezeigt, dass Bewerter für Bewertungsanbieter tätig waren und ebenfalls das betroffene Ärzte-Profil bewertet haben sollen. Dass diese Nutzer gekaufte Bewertungen abgaben, hätten andere, von diesen Nutzern bewertete Ärzte eingeräumt, weshalb ein entsprechender Verdacht gegenüber dem betroffenen Arzt glaubhaft gemacht worden sei.

Öffentliches Interesse an Warnhinweis

Ferner bestehe ein öffentliches Interesse an dem Warnhinweis, da die Bewertungsplattform eine gesellschaftlich erwünschte Funktion als Informationsmittlerin übernimmt und somit den Meinungsaustausch und die Berichte über Behandlungserfahrungen erst möglich macht.

Ein Arztprofil kann nur dann taugliche Grundlage einer eigenen Arztwahl werden, wenn es sich um echte Erfahrungsberichte handelt. Bei Zweifeln an der Echtheit der Erfahrungsberichte habe jeder einzelne Nutzer ein Interesse an der Mitteilung dieser Zweifel durch den Plattformbetreiber.

Der Warnhinweis wurde daher nicht von der Profilseite des Arztes gelöscht.

In-Artikel Bild

Alexa Frey ist selbständige Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, in Weiterbildung zur Fachanwältin für IT-Recht. Sie berät Leistungserbringer im Gesundheitswesen in Fragen des Arzthaftungsrechts, IT-Rechts, Datenschutzes, Vertrags- und Gesellschaftsrechts, Vergütungsrechts und Medizinstrafrechts.
Kontakt: [email protected]

Diese Themen könnte Sie auch interessieren

Quellen
  1. OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2020 – 16 W 37/20.

Bildquelle: © GettyImages/HT-Pix

Impressum anzeigen