Angestellt nach Praxisveräußerung: Risiken und Auswirkungen
Immer häufiger werden Praxen von anderen Praxen oder Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) übernommen. Praxisabgebende Personen wünschen sich nach der Übergabe oft eine Anstellung. Doch wie ist das umsetzbar und welche Chancen und Risiken müssen Sie beachten?
Lesedauer: ca. 3 Minuten

Der folgende Beitrag wird vertreten von der Anwaltskanzlei Broglie & Schade. Redaktion: Sebastian Schmidt
Wollen Ärztinnen und Ärzte ihre Praxis an eine andere Praxis oder ein MVZ abgeben, gibt es einige Hürden zu nehmen. Denn sonst drohen ihnen finanzielle und arbeitsrechtliche Nachteile. Dieser Beitrag blickt auf mögliche Risiken und Auswirkungen.
Eine Herausforderung: Die vertragsärztliche Zulassung übertragen
Die Übertragung der vertragsärztlichen Zulassung der praxisabgebenden Ärztinnen und Ärzte ist immer häufiger verbunden mit der Übertragung von Angestelltenzulassungen. Hier gilt es je nach Interessenlage zu entscheiden. Zwei Möglichkeiten gibt es hierbei: werden die Zulassungen ausgeschrieben oder verzichtet die Person, die die Praxis abgeben möchte, auf ihre Zulassung, um angestellt zu werden. Dabei spielt die Kassenärztliche Vereinigung eine wesentliche Rolle. Je nach KV kann dies nämlich durchaus unterschiedlich sein.
Die Ausschreibung der Zulassung ist für alle Beteiligten der sicherste und schnellste Weg eine Zulassung zu übertragen. Bei dem häufig gewählten Weg des Verzichtes zu Gunsten der Anstellung müssen alle Vor- und Nachteile vorab besprochen werden. Auf der Haben-Seite: der Verzicht verdrängt naturgemäß mögliche Mitbewerber. Allerdings birgt dieses Vorgehen auch ein Risiko: diese vermeintlich „einfache“ Lösung jedoch birgt durch die Mindestlaufzeit von 3 Jahren des abzuschließenden Arbeitsvertrages eben die Gefahr des Zulassungsverlustes.
Über die Autorin

Stefanie Pranschke-Schade ist Fachanwältin für Medizinrecht und Wirtschaftsmediatorin von der Rechtsanwaltskanzlei „Broglie, Schade & Partner GbR“.
Der Anstellungsvertrag: Mehr als eine Frage der Tantiemen
Der abzuschließende Arbeitsvertrag – auf unbestimmte Zeit geschlossen – klingt erst einmal sehr harmlos. Was ist aber, wenn sich schon bereits im ersten Jahr des Dienstverhältnisses herausstellt, dass die von Praxisübernehmer erhofft Gewinnprognose nicht eintritt? Und wie wirkt sich das auf die Tantiemeregelungen im Dienstvertrag aus? Sind diese zu gering, ist das Arbeiten schließlich finanziell nicht mehr attraktiv? Häufig werden deshalb Sideletters und Nebenabreden geschlossen, in denen Tantiemeregelungen festgeschrieben sind, die arbeitsrechtlich nicht durchdacht sind.
Dies gilt auch für Zusatzvereinbarungen, die beispielsweise für die Rolle als ärztliche Leitung vereinbart werden. Wenn man nicht aufpasst, kann es dann leicht passieren, dass die tatsächlich getroffenen Vereinbarungen mit den Interessen der Beteiligten weit auseinanderliegen.
Arbeitszeit reduzieren, häufig mit problematischen Folgen
Häufig besteht bei Ärztinnen und Ärzte, die eine Praxisabgabe ins Auge fassen, das Interesse nach dem ersten Jahr der Anstellung die Arbeitstätigkeit zu reduzieren. Vereinbarungen dieser Art müssen mit dem Vertragsarztrecht abgestimmt sein. Denn ohne passende Regelungen droht der Entzug der Zulassung in den ersten drei Jahren nach den zwingenden Anforderungen der Rechtsprechung.
Wie kann es gestaltet werden, dass Medizinerinnen und Mediziner die Arbeitszeit auf 10 Stunden reduzieren und dennoch als ärztliche Leitung tätig bleiben? Das Gesetz hat im SGTB V hierauf eine Antwort. Die Zulassungsausschüsse machen dies jedoch in der Regel bislang nicht mit. Eine gerichtliche Entscheidung ist zu dieser Problematik bisher nicht ergangen.
Steuerliche Auswirkungen werden oft unterschätzt
Arbeitsrechtlich interessant ist auch die Frage, ob eine Vereinbarung zulässig ist, dass der Vertrag automatisch endet, wenn die Tätigkeit als Ärztliche Leitung endet. Praxisabgebende sollten sich damit aus zwei Gründen beschäftigen:
Erstens entfällt nach Ende des Arbeitsvertrags natürlich das Gehalt als Einkommen. Häufig ist aber bei ein „Verzicht zu Gunsten der Anstellung“ eine spätere Fälligkeit des Kaufpreises vereinbart, meist 3 Jahre nach der Abgabe.
Die letztere Regelung ist zudem steuerlich problematisch. Denn der Kaufpreis muss zum Zeitpunkt der Praxisabgabe versteuert werden, obwohl dann noch gar kein Geld geflossen ist.
Feinfühlige Vertragsverhandlungen und Lösungsoptionen sind deshalb unbedingt bei der Vertragserstellung zu berücksichtigen. Wichtig ist es auf jeden Fall Praxisabgabe und Dienstverträge gemeinsam zu verhandeln und auch gemeinsam abzuschließen.
Besser mit Beratung: Angestellt bei zwei Arbeitgebern
Nicht selten übernehmen Ärztinnen und Ärzte bei der Übernahme mit einem beteiligten Krankenhaus auch zwei Arbeitsverträge: ein Vertrag beim MVZ und einen weiteren für die Anstellung in der Klinik. Wer diese Lösung in Erwägung zieht, muss mit einer ungünstigen steuerlichen Veranlagung kalkulieren. Deshalb lohnt es, in diesem Fall einen Steuerberater zu Rate zu ziehen, der im Einzelfall Abhilfe schaffen kann.
Fazit
In jedem Fall muss eine interessengerechte Lösung zur Sicherung der Kaufpreiszahlung erfolgen. Der Königsweg ist dabei nach wie vor die Zahlung des Kaufpreises mit Bestandskraft der Übertragung der Zulassung. Die Ausführungen zeigen: Modifizierungen von dieser Regelung müssen durchdacht und sollten entsprechend auch bei der Festlegung des Kaufpreises eingepreist werden.
Die Rechtsanwaltskanzlei „Broglie, Schade & Partner GbR” veranstaltet am 23. März 2022 von 18 bis 19.30 Uhr ein Online-Seminar für Ärzte als Arbeitgeber und Arbeitnehmer, MVZ Betreiber, Praxisabgeber, die in das Angestelltenverhältnis wechseln. Das Online-Seminar beantwortet u.a. folgende Fragen:
- Arbeitsrechtliche Fallen
- die Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag
- Tantiemeregelungen
- Bestimmung des Arbeitsortes

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