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Praxismanagement

03. Nov. 2022
Zahlen von 2020

Niedergelassene verdienen netto kaum mehr als Oberärzte

Das Netto-Einkommen Niedergelassener ist nur minimal höher als die Tariflöhne angestellter Kliniker. Das hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) anhand der Einnahmen und Ausgaben von Praxisärzten und -ärztinnen im Jahr 2020 errechnet. Danach spiegelt das wirtschaftliche Risiko der Selbständigkeit sich nicht in Höhe des Einkommens wider.1

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Arzt mit Kalkulator

Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Grafik des Monats November | Redaktion: Dr. Nina Mörsch

Nach Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) betrugen die Gesamteinnahmen niedergelassener Ärztinnen und Ärzten aus Praxistätigkeit im Jahr 2020 im Durchschnitt 335.000 Euro.

Jahresüberschuss ist kein Nettogehalt

Rund 78 Prozent dieser Einnahmen (261.000 Euro) entfiel auf die gesetzliche Krankenversicherung. Dem standen Aufwendungen für den Praxisbetrieb in Höhe von 162.000 Euro gegenüber. Davon entfielen rund 56 Prozent (90.000 Euro) auf Gehälter des Praxispersonals. Es verblieb ein durchschnittlicher Jahresüberschuss von 172.000 Euro pro Praxisinhaber bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 45 Wochenstunden.

zi einkommen 2020
zi einkommen 2020

Dieser Jahresüberschuss ist jedoch kein Nettogehalt. Zum einen müssen die Praxisinhaberinnen und -inhaber daraus sämtliche wirtschaftliche Risiken aus dem Praxisbetrieb wie etwa Lohnerhöhungen, steigende Energie- und/oder Betriebskosten tragen sowie Investitionen finanzieren. Zum anderen fallen Abzüge für Steuern, Altersvorsorge sowie Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von durchschnittlich 87.000 Euro an, sodass am Ende ein durchschnittliches verfügbares Einkommen von 86.000 Euro bleibt.

Einkommen von 24 Euro pro Stunde

Ein Teil dieses verfügbaren Einkommens stammt auch aus Einnahmen durch die medizinische Versorgung privat Versicherter. Rechnet man diesen Einnahmenanteil um in Einnahmen aus der gesetzlichen Krankenversicherung würde sich der durchschnittliche Jahresüberschuss auf 137.000 Euro und das verfügbare Jahreseinkommen auf 61.000 Euro reduzieren. Allein aus Praxistätigkeit für die gesetzliche Krankenversicherung entstünde demnach ein verfügbares Einkommen von 24 Euro pro Stunde.

Kein finanzieller Anreiz für die Niederlassung

„Die gesetzliche Krankenversicherung ist die wichtigste Einnahmequelle der Praxen. Die Krankenkassen schaffen aber nur mäßig attraktive Bedingungen für die selbständige Niederlassung. Vergleichen wir die selbstständige Tätigkeit in der Praxis bezogen auf die eingesetzte Arbeitszeit mit dem Tariflohn eines Oberarztes mit mindestens dreijähriger Tätigkeit, bleibt nur ein geringes Plus von wenigen hundert Euro pro Jahr, für das Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber die gesamte organisatorische, rechtliche und ökonomische Verantwortung des Praxisbetriebs übernehmen. Würden die Praxen auf Einnahmen der privat Versicherten verzichten müssen, wäre eine vergleichbar qualifizierte angestellte Tätigkeit im Krankenhaus finanziell attraktiver als die Niederlassung. Unter den Bedingungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes greifen weitere Einschnitte für die Niedergelassenen. Dies muss sich ändern. Wer ein widerstandsfähiges und leistungsfähiges Gesundheitswesen will, muss die selbständige Tätigkeit in den Praxen fördern“, sagte Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zi.

Änderung der Neupatientenregelung: Von falschen Voraussetzungen ausgegangen

Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wurde die finanzielle Förderung der Behandlung von Neupatientinnen und -patienten in den Praxen gestrichen. Stattdessen sollen künftig Behandlungen gefördert werden, wenn die dafür notwendigen Termine durch Vermittlung der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder durch Vermittlung des Hausarztes schnell zustande kommen. Die Änderung soll kurzfristig ein Einsparbetrag von rund 400 Millionen Euro erzielen. Im Zuge der Beratungen wurde von falschen Voraussetzungen zum verfügbaren Einkommen von Vertragsärzten und -psychotherapeuten ausgegangen. Demnach wurde von Vertreterinnen und Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums ein durchschnittliches Einkommen in Höhe von 200.000 Euro genannt.

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