Praxisbewertung: Kriterien für die Preisermittlung
Welcher Kaufpreis für eine Praxis erzielt werden kann, hängt nicht nur von dem betriebswirtschaftlich angemessenen und durch die verschiedensten Ermittlungsmethoden errechneten Ergebnis ab, sondern richtet sich zunehmend nach weiteren Kriterien.
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Stefanie Pranschke-Schade, Fachanwältin für Medizinrecht und Wirtschaftsmediatorin von der Rechtsanwaltskanzlei “Broglie, Schade & Partner GbR”, beschreibt hier die häufigsten Methoden der Praxisbewertung.
Ertragswertmethode: Derzeit am häufigsten angewendet
Selbstverständlich ist es sinnvoll, zunächst eine Preisermittlung vorzunehmen. Hierzu gibt es verschiedene Methoden, die sowohl Kriterien für die Ermittlung des ideellen Wertes als auch des materiellen Wertes vorschlagen. Eine der zurzeit gebräuchlichsten Methoden ist die modifizierte Ertragswertmethode.
Sind bei der Bewerbung um die Praxis Investoren im Spiel, wird die Kaufpreisermittlung am Ende einer durchgeführten „Due Diligence“-Prüfung stehen. Diese Prüfung umfasst die Sichtung aller Verbindlichkeiten der Praxis:
- Laufende Verträge, wie Personal- und Mietvertrag
- die Analyse der durchgeführten Abrechnung und die Übertragbarkeit auf den Übernehmer
- die Prüfung der qualifikationsbezogenen Leistungen, ggf. stattgefundene Honorarprüfungen
- bestehende Rechtsstreite
- alle für den Kaufgegenstand erhebliche Umstände
Bei „normalen Praxen“ findet diese Prüfung nicht statt
Bei der „normalen Praxis“ findet diese Prüfung in der Regel nicht statt, insbesondere dann nicht, wenn die Kostensituation anhand der Gewinn- und Verlustrechnungen nicht von dem Durchschnitt der Gruppe abweicht. Dennoch ist die Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnungen und die Ermittlung des materiellen Wertes ein Kriterium, das die den Kaufpreis finanzierende Bank überprüfen wird.
Kaufpreis als Bewertung eigener Praxistätigkeit in der Vergangenheit?
Wir stellen immer wieder fest, dass die Gesprächsführung über den Kaufpreis einer Praxis, dem Praxisabgeber häufig schwerfällt, weil der Kaufpreis eine Bewertung seiner/ihrer Praxistätigkeit in der Vergangenheit ist. Für den Praxisübernehmer steht hingegen die Finanzierung des Kaufpreises und die Praxisführung in der Zukunft als wesentliches Kriterium im Vordergrund seiner Entscheidung. Hier treffen zwei unterschiedliche Standpunkte aufeinander.
Vorsicht „Vorvertrag“!
Oft versucht dabei der Praxisabgeber, den Interessenten über einen „Vorvertrag“ zu binden. Doch Vorsicht: Der Vorvertrag hat das Risiko, dass nicht alle zu regelnden Punkte im Kaufvertrag aufgenommen worden sind, und lediglich der Kaufpreis genannt wird. Ein solcher Vertrag bleibt trotzdem bindend, auch wenn Unstimmigkeiten über weitere Vertragsregelungen entstehen.
Veräußerung von Praxisanteilen: „Mini-Due-Diligence“ als Option
Etwas komplizierter stellt es sich dar, wenn ein Praxisanteil veräußert wird. In diesem Fall ist nicht nur der Kaufvertrag mit dem ausscheidenden Gesellschafter zu vereinbaren, sondern auch der Eintritt in die bestehende Gesellschaft. In diesem Fall ist für den Eintretenden wichtig, die Vertragsverhältnisse, zu denen er mit dem Eintritt in die Gesellschaft verpflichtet wird, kennenzulernen.
Die genaue Kenntnis hilft auch hier bei der Beurteilung des Kaufpreises, sodass in diesen Fällen sehr häufig eine „Mini-Due-Diligence“ angezeigt ist, um spätere Konflikte mit den Gesellschaftern zu verhindern.
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