
Neuerungen für Arztpraxen
Zu Beginn des neuen Quartals treten wieder einige Änderungen im Gesundheitsbereich in Kraft, die den Arztalltag vieler Niedergelassener betreffen können. Wir haben eine Auswahl für Sie zusammenstellt.1
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Quellen: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Bundesministerium für Gesundheit, Gemeinsamer Bundesausschuss | Redaktion: Dr. Nina Mörsch
Corona-Sonderregelungen laufen aus
Telefon-AU ab 1. April nur noch bei Absonderung: Die Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung wegen einer leichten Erkrankung der oberen Atemwege endet am 31. März. Auch das Ausstellen einer ärztlichen Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei der Erkrankung eines Kindes war telefonisch möglich. Diese Regelung endet ebenfalls am 31. März.
Künftig dürfen Vertragsärzte ihren Patientinnen und Patienten nur noch dann nach telefonischer Anamnese eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigen, wenn eine öffentlich-rechtliche Pflicht oder Empfehlung zur Absonderung besteht. Dies kann bei einer Infektionskrankheit wie Covid-19 oder Affenpocken der Fall sein. Diese unbefristete Regelung zur Telefon-AU gilt dauerhaft ab 1. April.
Keine Vergütung für Paxlovid vorgesehen, bislang: Hausarztpraxen sollen auch künftig das antivirale Medikament Paxlovid® direkt an ihre Patientinnen und Patienten abgeben dürfen. Allerdings ist dafür keine Vergütung mehr vorgesehen. Das geht aus einem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zum Anspruch auf zusätzliche Schutzimpfung und auf Präexpositionsprophylaxe gegen COVID-19 (Covid-19-VorsorgeV) hervor. Die KBV fordert in einer Stellungnahme, die Vergütung für Hausärztinnen und Hausärzte in Höhe von 15 Euro je abgegebener Packung Paxlovid® bis zum 31. Dezember analog zu den Regelungen für den pharmazeutischen Großhandel sowie den Apotheken fortzusetzen.
Präexpositionsprophylaxe mit Evusheld: Zudem soll mit der neuen Verordnung des BMG der weitere Anspruch auf die Präexpositionsprophylaxe mit Evusheld® für Versicherte ab dem 8. April geregelt werden. Dieser gilt laut Verordnungsentwurf „weiterhin für Patientinnen und Patienten, bei denen durch eine Schutzimpfung aus medizinischen Gründen kein oder kein ausreichender Immunschutz gegen Covid-19 erzielt werden kann oder bei denen Schutzimpfungen gegen Covid-19 aufgrund einer Kontraindikation nicht durchgeführt werden können und die Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf haben“.
PCR-Tests werden geringer vergütet: Die Vergütung für den PCR-Test auf SARS-CoV-2 (GOP 32816) wird zum 1. April auf 19,90 Euro abgesenkt. Zudem wurde für die GOP 32851 der Leistungsinhalt im EBM klargestellt. Die Honorierung erfolgt weiterhin extrabudgetär. Außerdem entfällt zum 1. April 2023 die Abrechnungsvoraussetzung, dass der Befund innerhalb von 24 Stunden nach Materialeinsendung übermittelt werden muss.
Am 7. April laufen außerdem die Erleichterungen bei der Verwendung von BtM-Rezepten sowie bei der Substitutionsionstherapie, die beispielsweise eine Abgabe von Substitutionsmitteln für bis zu 7 Tage ermöglichte, aus. Auch für das Entlassmanagement der Krankenhäuser gelten dann wieder die normalen Regelungen.
Erweiterte Austauschmöglichkeiten für Apotheken bleiben: Die Regelung zu den Austauschmöglichkeiten bei der Arzneimittelabgabe hat der Gesetzgeber bis zum 31. Juli verlängert. Apotheken dürfen unter anderem weiterhin ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt bzw. der verordnenden Ärztin von der ärztlichen Verordnung hinsichtlich der Packungsgröße, der Anzahl der Packungen oder der Wirkstärke abweichen, sofern dadurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird.
Covid-19-Impfungen ab 8. April in der Regelversorgung
Am 7. April 2023 läuft die Coronavirus-Impfverordnung aus. Sie wird von der Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) abgelöst. Ab diesem Zeitpunkt übernehmen die Krankenkassen die Vergütung der Impfleistungen zur Prävention von Covid-Erkrankungen. Die Vergütung ist dann an die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) geknüpft. Wie hoch das Impfhonorar nach dem 7. April sein wird, ist noch nicht geklärt. Die Krankenkassen verhandeln derzeit mit Kassenärztlichen Vereinigungen. Anstelle der täglichen Schnell-Doku plant das BMG zudem, dass Praxen ab 8. April wöchentlich die Daten übermitteln sollen, die das RKI für die laufende Beobachtung des Impfgeschehens benötigt. Mehr dazu lesen Sie in einer Praxisnachricht der KBV.
Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege per Videostunde
Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können bereits seit Mitte März Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege in einer Videosprechstunde ausstellen. In Ausnahmefällen ist dies auch telefonisch möglich. Voraussetzung für eine Verordnung per Video ist, dass die Patientin oder der Patient der Praxis bekannt sein muss. Die erstmalige Verordnung kann nur nach persönlicher Untersuchung in der Praxis oder im Hausbesuch erfolgen. Das Gleiche gilt für das Ausstellen einer Folgeverordnung nach telefonischer Konsultation, wie die KBV in einer Praxisnachricht mitgeteilt hat.
Änderungen in der Pädiatrie
Entbudgetierung der Kinder- und Jugendmedizin: Kinder- und Jugendärzte erhalten ab 1. April fast alle Untersuchungen und Behandlungen in voller Höhe vergütet. Außerdem werden ausgewählte Leistungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie entbudgetiert. Das hat der Bundestag kürzlich beschlossen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Früherkennungsuntersuchungen: Für die Kinder-Früherkennungsuntersuchungen U6, U7, U7a, U8 sowie U9 gilt: Die vorgegebenen Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten sind noch bis zum 31. März ausgesetzt. Die verschobenen Untersuchungen können bis zum 30. Juni nachgeholt werden.
Neu im EBM
Vergütung für Apps bei psychischen Erkrankungen: Für die digitale Anwendung „Invirto“ bei Angststörungen gibt es ab 1. April eine neue Leistung im EBM. Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können darüber die bei der App notwendige Verlaufskontrolle und Auswertung abrechnen. Die App kann Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren verordnet werden, die an einer Agoraphopie, Panikstörung oder sozialen Phobie leiden. Die Abrechnung erfolgt über die Gebührenordnungsposition (GOP) 01474 (64 Punkte/7,35 Euro). Ärzte beziehungsweise Psychotherapeuten mit einer Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Verhaltenstherapie nach der Psychotherapie-Vereinbarung können die GOP je Indikation einmal im Krankheitsfall (= ein Jahr) abrechnen. Die Leistung wird, zunächst für zwei Jahre, extrabudgetär vergütet.
Eine Vergütung wurde außerdem für die App „elona therapy Depression“ im Bundesmantelvertrag-Ärzte mit der GOP 86700 festgelegt.
Gynäkologie – Hochfrequenzablation des Endometriums als neues Operationsverfahren im EBM: Die Hochfrequenzablation mittels Netzelektrode bei Menorrhagien wird zum 1. April als neues Operationsverfahren in den EBM aufgenommen. Durch die Anpassung im EBM steht Verfahren gesetzlich versicherten Frauen mit starken und zu lange andauernden Regelblutungen zur Verfügung und kann ambulant angewendet werden, nachdem andere Blutungsursachen wie Tumorerkrankungen ausgeschlossen wurden und medikamentöse Therapie kein zufriedenstellendes Ergebnis erbracht hatten.
Da bei dem Eingriff die gesamte Gebärmutterschleimhaut dauerhaft mithilfe von hochfrequentem Strom abgetragen wird, muss die Familienplanung bei den Frauen abgeschlossen sein. Berechtigt zur Anwendung der Methode sind Fachärztinnen und Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, die über eine Genehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung ambulantes Operieren verfügen.
Abrechnung und Vergütung
Für dieses Operationsverfahren wird der OPS-Kode 5-681.53 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Uterus: Endometriumablation: Hochfrequenzablation) in den Anhang 2 des EBM aufgenommen. Die Abrechnung des Eingriffs erfolgt über die folgende neue Gebührenordnungsposition (GOP) für ambulante Operationen (Kapitel 31 EBM) beziehungsweise belegärztliche Operationen (Kapitel 36 EBM):
- GOP 31319: Endoskopischer gynäkologischer Eingriff der Kategorie TT2 und
- GOP 36319: Endoskopischer gynäkologischer Eingriff der Kategorie TT2
- Für die Sachkosten wird mit der GOP 40685 eine neue Kostenpauschale in den EBM aufgenommen.
Die Vergütung erfolgt extrabudgetär.
GOP | Inhalt | Vergütung |
31319 für ambulante Operationen | endoskopischer gynäkologischer Eingriff der Kategorie TT2 | 2.437 Punkte / 280,05 Euro |
36319 für belegärztliche Operationen | endoskopischer gynäkologischer Eingriff der Kategorie TT2 | 1.143 Punkte / 131,35 Euro |
40685 | Sachkosten | 1.020 Euro |
Die Hochfrequenzablation des Endometriums mittels Netzelektrode wird im Regelfall in Kombination mit einer Hysteroskopie erbracht. Möglich ist jedoch auch ein zweizeitiges Vorgehen, bei dem die diagnostische Hysteroskopie schon im Vorfeld durchgeführt wird. Für die Endometriumablation ohne Hysteroskopie werden Abschläge auf die Vergütung der Endometriumablation vorgenommen.
Vergütung von Enzymersatztherapie geregelt: Für die Enzymersatztherapie mit dem neuen Arzneimittel Xenpozyme® bei der seltenen Stoffwechselerkrankung ASMD erhalten Ärztinnen und Ärzte ab 1. April eine Vergütung. Für die Infusion beziehungsweise die Beobachtung und Betreuung können je nach Dauer die GOP 02102, 01540, 01541 oder 01542 abgerechnet werden. Xenpozyme® mit dem Wirkstoff Olipudase alfa wird zur langfristigen Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einem Mangel an saurer Sphingomyelinase (ASMD) außerhalb des zentralen Nervensystems verabreicht.
Außerdem: Unterstützung für Praxen mit besonders hohem Energieverbrauch
Auf Finanzhilfen für ärztliche Praxen mit besonders hohem Energieverbrauch haben sich KBV und GKV-Spitzenverband am 29. März 2023 im Bewertungsausschuss geeinigt. Zum Kreis der Anspruchsberechtigten zählen Praxen für Radiologie, Strahlentherapie und Dialyse, die für ihre medizinischen Geräte und Apparaturen überdurchschnittlich viel Strom benötigen. Die Erstattung der Mehrkosten erfolgt ergänzend zu den staatlichen Hilfen und wird aus Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert. Die Sonderregelung gilt zunächst vom 1. Januar bis 31. Dezember 2023. Ob eine Verlängerung der Vereinbarung über das Jahr 2023 hinaus erforderlich ist, wollen die Vertragspartner bis zum 31. Dezember prüfen. Zum Beschluss des Bewertungsausschusses >>
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