
Achtung im Arbeitsverhältnis vor Scheinselbstständigkeit
Immer wieder sind Ärztinnen und Ärzte scheinselbstständig tätig – oft, ohne dass es den Betroffenen bewusst ist. Doch Unwissenheit kann teuer werden. Virchowbund-Justitiarin Andrea Schannath klärt auf.
Lesedauer: ca. 2 Minuten

Der folgende Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit dem Virchowbund. | Redaktion: Dr. Nina Mörsch
Scheinselbstständigkeit tritt auf, wenn jemand laut Vertrag als externer Dienstleister für beispielsweise eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus arbeitet, in Wirklichkeit jedoch wie ein regulärer Angestellter tätig ist. So könnte eine Ärztin als „freie Mitarbeiterin“ in einer Praxis aushelfen oder ein Physiotherapeut im Auftrag des Praxisinhabers zusätzliche Leistungen für die Patienten erbringen. Eine falsche Einschätzung des Status kann zu großen finanziellen und rechtlichen Risiken führen, warnt der Virchowbund.
Ärzte sind in Bezug auf Weisungsgebundenheit eine besondere Berufsgruppe, da sie einen freien Beruf ausüben und in ihren ärztlichen Tätigkeiten keine Weisungen erhalten, selbst wenn sie angestellt sind. Es hängt jedoch davon ab, inwieweit sie in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind, beispielsweise in ein Krankenhaus.
Die folgende Tabelle des Virchowbundes hilft dabei, selbstständige und abhängige Beschäftigung zu unterscheiden:
Merkmal | Abhängig beschäftigt/angestellt | Unabhängig beschäftigt /selbstständig |
Eingliederung in den Praxisbetrieb | ja | ja über die Arbeitskraft kann frei verfügt werden |
Weisungsgebundenheit bei Arbeitszeit und -ort | ja | frei in der Entscheidung |
Weisungsgebundenheit bei Aufgaben | bei manchen Aufgaben* | frei in der Entscheidung |
Nutzung von Arbeitsmitteln | Arbeitsmittel werden gestellt | eigene Betriebsstätte und Arbeitsmittel |
Vertragliche Verpflichtung | per Arbeitsvertrag verpflichtet | Dienstvertrag für bestimmte Leistungen |
Sozialversicherungsschutz | ist gegeben, ebenso Anzahl von Urlaubstagen | kein Mindesteinkommen, kein Urlaubsanspruch, Unternehmerrisiko |
Ablehnung von Aufträgen | nicht möglich | möglich |
Bezahlung und Rechnungsstellung | wie ein Angestellter mit Gehaltsabrechnung | höhere Bezahlung als Arbeitnehmer und Rechnungsstellung |
Exklusivität | Nur für einen einzigen Arbeitgeber tätig | möglich, für mehrere Arbeitgeber zu arbeiten |
Beschäftigung von Personal | Kein eigener Arbeitgeber bei abhängiger Beschäftigung | möglich, eigenes Personal zu beschäftigen |
Eigenes Kapital | nicht involviert | involviert |
Werbung für das eigene Unternehmen | nicht möglich | möglich |
Tipp: Wenn Sie unsicher sind, wie die Beschäftigung einzustufen ist, können Sie bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Antrag auf Klärung des Status stellen. Zudem ist beim Virchowbund eine individuelle Rechtsberatung in der Mitgliedschaft enthalten.
Eine Scheinselbstständigkeit kann Folgen haben. Zum Beispiel können Nachforderungen der Sozialversicherungsträger entstehen:
- Der bisherige Auftraggeber eines Scheinselbstständigen wird als tatsächlicher Arbeitgeber eingestuft, und müsste damit die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung rückwirkend bis zu vier Jahre nachzahlen.
- Zuzüglich können Säumniszuschlägen von 1 % pro Monat fällig werden.
- Auch die Lohnsteuer müsste rückwirkend beglichen werden.
- Darüber hinaus besteht die Gefahr eines Strafverfahrens gemäß § 266a des Strafgesetzbuches aufgrund der Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung.
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Urteile zur Scheinselbstständigkeit z. B. von Honorarärzten, ärztlichen Vertretern in einer Vertragsarztpraxis und in Corona-Impfzentren. Der Virchowbund hält per Newsletter über diese und andere Entscheidungen auf dem Laufenden und berät Mitglieder kostenfrei.
Andrea Schannath leitet die Rechtsberatung des Virchowbundes. Sie berät Mitglieder zu juristischen Fragen rund um den Arztberuf. Hier finden Sie weitere Vorteile, von denen Mitglieder im Virchowbund profitieren.
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