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Praxismanagement

12. Sep. 2023
Wenn der Schein trügt:

Achtung im Arbeitsverhältnis vor Scheinselbstständigkeit

Immer wieder sind Ärztinnen und Ärzte scheinselbstständig tätig – oft, ohne dass es den Betroffenen bewusst ist. Doch Unwissenheit kann teuer werden. Virchowbund-Justitiarin Andrea Schannath klärt auf.

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Gruppe von modernen Ärzten stehen als ein Team mit gekreuzten Armen
Eine Scheinselbstständigkeit kann Folgen haben, wie etwa Nachforderungen der Sozialversicherungsträger. (Foto: Getty Images | Vitali Michkou)

Der folgende Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit dem Virchowbund. | Redaktion: Dr. Nina Mörsch

Scheinselbstständigkeit tritt auf, wenn jemand laut Vertrag als externer Dienstleister für beispielsweise eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus arbeitet, in Wirklichkeit jedoch wie ein regulärer Angestellter tätig ist. So könnte eine Ärztin als „freie Mitarbeiterin“ in einer Praxis aushelfen oder ein Physiotherapeut im Auftrag des Praxisinhabers zusätzliche Leistungen für die Patienten erbringen. Eine falsche Einschätzung des Status kann zu großen finanziellen und rechtlichen Risiken führen, warnt der Virchowbund.

Ärzte sind in Bezug auf Weisungsgebundenheit eine besondere Berufsgruppe, da sie einen freien Beruf ausüben und in ihren ärztlichen Tätigkeiten keine Weisungen erhalten, selbst wenn sie angestellt sind. Es hängt jedoch davon ab, inwieweit sie in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind, beispielsweise in ein Krankenhaus.

Die folgende Tabelle des Virchowbundes hilft dabei, selbstständige und abhängige Beschäftigung zu unterscheiden:

MerkmalAbhängig beschäftigt/angestelltUnabhängig beschäftigt /selbstständig
Eingliederung in den Praxisbetriebjaja über die Arbeitskraft kann frei verfügt werden
Weisungsgebundenheit bei Arbeitszeit und -ortja
frei in der Entscheidung
Weisungsgebundenheit bei Aufgaben bei manchen Aufgaben*frei in der Entscheidung
Nutzung von ArbeitsmittelnArbeitsmittel werden gestellteigene Betriebsstätte und Arbeitsmittel
Vertragliche Verpflichtungper Arbeitsvertrag verpflichtetDienstvertrag für bestimmte Leistungen
Sozialversicherungsschutzist gegeben, ebenso Anzahl von Urlaubstagenkein Mindesteinkommen,
kein Urlaubsanspruch, Unternehmerrisiko
Ablehnung von Aufträgennicht möglichmöglich
Bezahlung und Rechnungsstellungwie ein Angestellter mit Gehaltsabrechnunghöhere Bezahlung als Arbeitnehmer und Rechnungsstellung
ExklusivitätNur für einen einzigen Arbeitgeber tätigmöglich, für mehrere Arbeitgeber zu arbeiten
Beschäftigung von PersonalKein eigener Arbeitgeber bei abhängiger Beschäftigungmöglich, eigenes Personal zu beschäftigen
Eigenes Kapitalnicht involviertinvolviert
Werbung für das eigene Unternehmennicht möglichmöglich

Tipp: Wenn Sie unsicher sind, wie die Beschäftigung einzustufen ist, können Sie bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Antrag auf Klärung des Status stellen. Zudem ist beim Virchowbund eine individuelle Rechtsberatung in der Mitgliedschaft enthalten.

Eine Scheinselbstständigkeit kann Folgen haben. Zum Beispiel können Nachforderungen der Sozialversicherungsträger entstehen:

  • Der bisherige Auftraggeber eines Scheinselbstständigen wird als tatsächlicher Arbeitgeber eingestuft, und müsste damit die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung rückwirkend bis zu vier Jahre nachzahlen.
  • Zuzüglich können Säumniszuschlägen von 1 % pro Monat fällig werden.
  • Auch die Lohnsteuer müsste rückwirkend beglichen werden.
  • Darüber hinaus besteht die Gefahr eines Strafverfahrens gemäß § 266a des Strafgesetzbuches aufgrund der Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung.
    In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Urteile zur Scheinselbstständigkeit z. B. von Honorarärzten, ärztlichen Vertretern in einer Vertragsarztpraxis und in Corona-Impfzentren. Der Virchowbund hält per Newsletter über diese und andere Entscheidungen auf dem Laufenden und berät Mitglieder kostenfrei.

Andrea Schannath leitet die Rechtsberatung des Virchowbundes. Sie berät Mitglieder zu juristischen Fragen rund um den Arztberuf. Hier finden Sie weitere Vorteile, von denen Mitglieder im Virchowbund profitieren.

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