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03. Sep. 2023

Tularämie: Das Wichtigste zur „Hasenpest“

Die jährlichen Meldezahlen für die humane Tularämie lagen vor 2005 noch meist unter 5 pro Jahr. Nach einem Anstieg der Fallzahlen im Jahr 2015 haben sich auch in diesem Jahr bereits elf Menschen mit dem Erreger infiziert. Alles Wichtige über die seltene Zoonose lesen Sie hier.

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Tularämie
Infektionswege, Symptomatik, Diagnostik & Therapie: Alles Wichtige zur Tularämie im Kurzüberblick. (Foto: © Getty Images / designer491)

Verursacher der Tularämie ist das Bakterium Francisella tularensis. In Deutschland wird die Tularämie meist durch den Kontakt mit infizierten Hasen oder Kaninchen übertragen („Hasenpest“). Unbehandelt kann die Krankheit bis zu 60% Letalität aufweisen. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist nicht bekannt, wird aber auch nicht ausgeschlossen.

Infektionswege

F. tularensis ist ein hochinfektiöser Erreger. Die Infektion kann erfolgen durch:

  • Kontakt der Haut oder Schleimhäute mit infektiösem Tiermaterial oder mit kontaminiertem Wasser; in der Folge auch durch Schmierinfektionen, z. B. Infektion der Augen durch Kontakt mit kontaminierten Händen.
  • Verzehr von nicht ausreichend erhitztem, kontaminiertem Fleisch (z. B. Hasen) oder anderen kontaminierten Lebensmitteln (z. B. durch Mäusekot kontaminiertes Getreide).
  • Aufnahme von kontaminiertem Wasser.
  • Inhalation von kontaminiertem Staub oder Aerosolen (z. B. beim industriellen Waschen und Zerkleinern von kontaminiertem Gemüse, Rasenmähen oder Heubearbeiten).
  • Stich oder Biss von infizierten blutsaugenden Arthropoden (z. B. von Bremsen, Mücken, Zecken).

Die Inkubationszeit beträgt 1 bis 14 Tage, in der Regel 3 bis 5 Tage. Selten sind auch Inkubationszeiten von mehreren Wochen beschrieben.

Klinische Symptomatik

Neben grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Lymphknotenschwellungen, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen ist das klinische Bild sehr vielfältig. Je nach Eintrittspforte werden folgende Formen unterschieden:

  • Ulzeroglandulär und glandulär: Nach Hautkontakt mit den Erregern, auch ohne vorhandene Wunden oder offene Hautstellen, inklusive Arthropodenbiss/-stich: Bildung einer primären Ulzeration (häufig zunächst unentdeckt, Größe von wenigen Millimetern bis wenigen Zentimetern; bildet sich kein Ulcus, so liegt die glanduläre Form vor), regionale Lymphknotenschwellung (bei spätem Behandlungsbeginn vereiternd und nekrotisierend).
  • Oculoglandulär: Nach Infektion des Auges, z. B. durch Wischen mit der kontaminierten Hand: meist einseitige Konjunktivitis mit Ödemen am Lid oder starkem Tränenfluss, Lichtempfindlichkeit, regionale Lymphknotenschwellung.
  • Oropharyngeal: Nach Aufnahme von kontaminiertem Wasser oder Lebensmitteln: meist einseitige, oft massive submandibuläre und zervikale Lymphknotenschwellung, Stomatitis, Pharyngitis, Tonsillitis möglich; bei hohen Dosen ist eine gastrointestinale Beteiligung mit Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall nicht ausgeschlossen.
  • Pulmonal: Nach Inhalation der Erreger: Bronchopneumonie, Husten, Brustschmerzen, Atemstörungen und Atemnot, Schweißausbrüche, Übelkeit, Erbrechen, hiläre Lymphknotenschwellung; eine Pneumonie kann, muss aber nicht vorkommen.

Diagnostik

Differenzialdiagnostisch kommen unter anderem Brucellose, Influenza, Katzenkratzkrankheit, Legionellose, Mykobakteriosen, Q-Fieber, Pest, Staphylokokken- und Streptokokkeninfektionen und Syphilis in Betracht.

Proben für den Erregernachweis sollten, wenn möglich, vor einer antibiotischen Therapie genommen werden. Der direkte Erregernachweis aus Blut, Gewebeproben (Leber, Milz) oder Abstrichen gelingt nicht immer, sollte aber in jedem Fall versucht werden. Isolate sollten aus dem Routinelabor zur weiteren Charakterisierung an Speziallaboratorien übergeben werden.

Therapie

Um einen schweren Krankheitsverlauf und Komplikationen zu vermeiden, ist eine frühzeitige Therapie essentiell. Wirksam gegen F. tularensis sind Aminoglycoside, Fluorchinolone, Tetracycline, Chloramphenicol und Rifampicin. Penicilline und andere Beta-Lactam-Antibiotika sind wirkungslos. Vor Ausschluss von Resistenzen sollte die Behandlung nicht mit Makrolidantibiotika erfolgen.

Ausführliche Hinweise zur Therapie der Tularämie gibt der Ständige Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für hochkontagiöse und lebensbedrohliche Erkrankungen (STAKOB).

Empfehlungen zur Prävention und zum Umgang mit Kontaktpersonen

Weitere Hinweise zum Thema Tularämie, etwa zu Maßnahmen bei Einzelerkrankungen finden Sie im RKI-Ratgeber für Ärztinnen und Ärzte „Tularämie“.

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