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Praxismanagement

30. Aug. 2017
Betriebswirtschaft in der Praxis

Insolvenz in der Praxis: So häufig trifft es Ihre Kollegen

Wie hoch ist die Insolvenzwahrscheinlichkeit bei Ihrer Fachrichtung im deutschlandweiten Vergleich? Und mit welchen Maßnahmen kann eine Insolvenz verhindert werden? Hier finden Sie die Antworten.

Lesedauer: ca. 3 Minuten

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Der folgende Beitrag wird vertreten durch Dr. oec. Bernd Rebmann, Geschäftsführer der REBMANN RESEARCH GmbH & Co. KG.

Die Ursachen liegen meist in Liquiditätsproblemen

Die Ursachen von Insolvenzen im Gesundheitswesen liegen meist nicht in einer schlechten Ertragslage, sondern in Liquiditätsproblemen, die auch in gesunden Praxen entstehen können. Dabei umschreibt die Liquidität die Fähigkeit, allen fälligen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht und in voller Höhe zu jeder Zeit nachkommen zu können. Für den Arzt umfassen die Zahlungsverpflichtungen u. a. Löhne und Gehälter, Mieten, Leasingraten, Zins und Tilgung (Kapitaldienst) und den Einkauf medizinischer Verbrauchsmaterialien.

Auch Investitionen müssen – sofern nicht anderweitig finanziert – aus der Praxisliquidität erbracht werden. Da die Liquidität der Praxis auch von den privaten Entnahmen bzw. Einlagen des Praxisinhabers (bei Gemeinschaftspraxen auch der Kollegen) abhängt, sollte die betriebliche Liquiditätsrechnung durch eine private Liquiditätsrechnung ergänzt werden.

Mehr zum Thema “Praxisliquidität” finden Sie in unserem Beitrag “Kein Geld auf dem Konto? So erhöhen Sie Ihre Praxisliquidität”

Wie kommt es zu einer Insolvenz?

Wenn Liquiditätsengpässe in einer Praxis länger anhalten und nicht durch Kredite oder Privateinlagen aufgefangen werden können, kommt es zum gerichtlichen Vergleich bzw. Konkurs der Praxis. Ist die Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person organisiert, tritt zum Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit auch die Überschuldung hinzu. Diese liegt dann vor, wenn die Aktiva bzw. das Vermögen einer Gesellschaft ihre Passiva bzw. Verbindlichkeiten nicht decken.

In Deutschland nur wenige Praxen von Insolvenzen betroffen

Die absoluten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass nur eine sehr geringe Anzahl an Praxen in Deutschland von einer Insolvenz betroffen ist. Der Statistik zufolge gab es im Jahr 2016 50 Insolvenzverfahren, die über das Vermögen von Zahnarztpraxen eröffnet wurden, wobei es insgesamt um Forderungen in Höhe von 26,2 Mio. Euro bzw. 0,52 Mio. Euro je Praxis ging. Facharztpraxen waren in insgesamt 30 Fällen von Insolvenzen betroffen, bei einem Forderungsvolumen von 51,5 Mio. Euro – also durchschnittlich 1,71 Mio. Euro je Praxis. Bei den Hausarztpraxen waren 14 Insolvenzverfahren zu verzeichnen bei einem Forderungsvolumen von 11,6 Mio. Euro, was 0,83 Mio. Euro je Fall entspricht.

Insolvenz in der Praxis: So häufig trifft es Ihre Kollegen

Hinweis: Die psychologischen und psychotherapeutischen Fachrichtungen sind bei der Kategorie „Fachärzte“ berücksichtigt.

Insolvenzen vermeiden: 10 Maßnahmen

Auch wenn die Insolvenzwahrscheinlichkeit für Arzt- und Zahnarztpraxen gering ist, können die folgenden Maßnahmen, dazu beitragen, das Risiko zu minimieren:

  1. Verbesserung des Forderungsmanagements
  2. Professionelle Abrechnung; ggf. Unterstützung durch Spezialisten
  3. Angebote für Selbstzahler
  4. Richtiger Umgang mit Altlasten und Altverbindlichkeiten; vor allem beim Eintritt in kooperative Strukturen
  5. Standortanalysen auf Geodatenbasis, um insbesondere Rückschlüsse auf das Leistungsangebot und die Nachfrage sowie das Wettbewerberverhalten zu gewinnen
  6. Kompetente steuerliche Beratung, Vermeidung von Problemen mit dem Finanzamt (Gewerbesteuerfalle, Nachzahlungen)
  7. Optimierung der Lagerbestände
  8. Ausschöpfen von Skontierungsmöglichkeiten
  9. Inanspruchnahme von Tilgungsstreckungen und -aussetzungen
  10. Vorsichtiges Ausgabeverhalten (Umbauten, Neueinstellungen, private Anschaffungen, usw.) insbesondere im kritischen 5-Jahres-Zeitraum einer Existenzgründung

Auch private Ausgaben im Blick behalten

Einer der wichtigsten Faktoren im Zusammenhang mit der Vermeidung von Liquiditätsproblemen bzw. einer Überschuldung der Praxis ist die Kontrolle der privaten Ausgaben: Wichtig ist hierbei insbesondere der Überblick über die künftige Entwicklung der Steuerbelastung (z. B. Aufbau erforderlicher Rücklagen bei Zusammenfallen von Nachzahlungen und höheren Vorauszahlungen) und über die Folgen größerer privater Investitionen (Kapitaldienst). Daneben sollte auch eine rechtzeitige private Vorsorge berücksichtigt werden. Bei finanzieller Überdeckung empfiehlt sich die Bildung von Rücklagen (z. B. für künftige Investitionen, für Steuernachzahlungen oder unvorhersehbare berufliche oder private Ausgaben).

Geringe Insolvenzquoten in der Branche stärken Ärzte bei Kreditgesprächen

Die Betrachtung der Insolvenzquoten, wie sie z. B. Creditreform für alle Gesundheitsbranchen regelmäßig veröffentlicht, zeigt, dass die gesamte Gesundheitswirtschaft als sehr solvent und damit im Vergleich zur Gesamtwirtschaft als deutlich weniger ausfallgefährdet gilt. Das Gesundheitswesen insgesamt liegt mit einem Risikoindikator von 0,49 % für alle Betriebe und Praxen gerade mal bei weniger als einem Drittel im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Dort wurde 2016 über 1,61% aller Betriebe ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Die geringe Ausfallwahrscheinlichkeit sollte die Verhandlungsposition von Ärzten im Gespräch mit Banken, insbesondere auch dann, wenn es um sanierungsunterstützende Maßnahmen oder Überbrückungskredite geht, stärken.

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Zum Autor: Dr. oec. Bernd Rebmann ist Gründer und Geschäftsführer der REBMANN RESEARCH GmbH & Co. KG. Das Unternehmen recherchiert wirtschaftliche Daten rund um die Arztpraxen und stellt Online-Instrumente bereit, mit denen sich Praxisanalysen durchführen lassen.

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