Arzt ist zu oft im Urlaub – KV fordert Honorar zurück
Weil ein niedergelassener Radiologe über mehrere Jahre die Urlaubstage überzieht, fordert seine Kassenärztliche Vereinigung eine Honorarrückzahlung in Höhe von 73.000 Euro. Doch ab wann ist eine Praxisvertretung genehmigungspflichtig? Und was müssen Vertreter bei der Abrechnung beachten?

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Dieser Beitrag basiert auf einem Urteil des Sozialgerichts München 1 und wurde von Christoph Renninger für Sie aufbereitet.
Radiologe auf Motorradtour: 107 Tage Jahresurlaub
Der Radiologe Dr. C. unternimmt gerne Fernreisen. Lange Touren mit dem Motorrad haben es ihm dabei besonders angetan. Bilder und Berichte von seinen Reisen präsentiert er regelmäßig auf seiner privaten Homepage. Die Vertretung in diesen Zeiten übernimmt sein Kollege Dr. D., ein Nuklearmediziner, mit dem er eine Gemeinschaftspraxis betreibt. Nach einem anonymen Hinweis geht die KV Bayerns den Urlaubstagen des Arztes nach.
Im Jahr 2010 war Dr. C. insgesamt 107 Tage nicht in der Praxis anwesend, in den darauffolgenden Jahren waren es 96 bzw. 103 Tage. Dabei hat der Arzt die Abwesenheiten unvollständig gemeldet. Zudem hat er zwar eine Vertretung organisiert, diese hatte aber nicht das gleiche Zulassungsgebiet.
Daraufhin setzt die KV die Honorare für die betroffenen Quartale neu fest und fordert von Dr. C. eine Rückzahlung von fast 73.000 Euro, da die Abrechnungs-Sammelerklärung falsch gewesen sei.
Gericht stimmt KV zu, reduziert jedoch die Forderung
In seinem Urteil vom 20. Januar 2017 (AZ. S 28 KA 698/15) bestätigte das Sozialgericht München die Ansicht der KV, dass Dr. C. gegen die vertragsärztlichen Vertretungsregelungen, die Anwesenheitspflicht sowie die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung verstoßen hat. 1,2 Zur Zahl der Abwesenheitstage stellt das Gericht fest, dass bei der Berechnung nur Sprechtage der Praxis miteinbezogen werden. Samstage, Sonn- und Feiertage werden hingegen nicht mitberechnet.
Allerdings kam Dr. C. zugute, dass in den damaligen Merkblättern nicht von Sprechstundentagen, sondern von „bis zu drei Monaten innerhalb von zwölf Monaten“ die Rede war. Das Gericht ging daher von einer maximalen genehmigungsfreien Abwesenheit von 92 Kalendertagen aus. Diese wurden vom angeklagten Radiologen um einige Tage überschritten und aus seinem durchschnittlichen GKV-Tageshonorar ergibt sich eine Rückforderungssumme von fast 44.000 Euro.
Da sein Vertreter Dr. D. nicht das gesamte Spektrum der vertragsärztlichen Leistungen erbringen darf, hätte der angeklagte Radiologe einen externen Vertreter suchen müssen. Allerdings ging auch die KV bis zu einem Urteil des Bundessozialgerichts im Dezember 2011 davon aus, dass Vertretungen innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft zulässig sind und gewährte Dr. C. in diesem Punkt Vertrauensschutz.
Genehmigungsfreie Vertretungen: KVB präzisiert Regeln
Mittlerweile hat die KVB ein neues Merkblatt herausgegeben (Stand Juni 2017), in dem genehmigungsfreie und -pflichtige Vertretungen gemäß § 32 Ärzte-ZV geregelt werden.3 Demnach ist eine Vertretung bereits ab dem ersten Tag der Abwesenheit erforderlich. Mögliche Gründe hierfür sind:
- Urlaub
- Krankheit
- Ärztliche Fortbildungen
- Wehrübungen
Genehmigungsfrei sind 3 Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten. Bei einer Sprechstundenzeit an Werktagen entspricht dies 65 Tagen. Gibt es in der Praxis zusätzliche Samstagssprechstunden, erhöht sich der Zeitraum auf 78 Tage. Bereits eine stundenweise Vertretung wird als Vertretungstag berechnet.
Schwangerschaft: Für Ärztinnen ist im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft ein Zeitraum von bis zu 12 Monaten genehmigungsfrei (vor und/oder nach der Geburt).
Abrechnung: Bei der Abrechnung ist zu beachten, dass der Vertreter in der Praxis des abwesenden Vertragsarztes mit dessen lebenslanger Arztnummer (LANR) abrechnet.
Was Sie bei einer Praxisvertretung sonst noch beachten sollten, lesen Sie im Beitrag Praxisvertretung organisieren: So geht’s.