Werbebeschränkungen für ungesunde Kinderprodukte sollen kommen
Zuckerfallen, Kalorienbomben, fette Snacks - Werbung macht dick. Dieser lapidare Satz leuchtet Eltern ein, wenn sie wissen, womit ihre Kinder beim Fernsehen oder im Netz umworben werden. Eine heute vorgestellte Initiative des BMEL will dies nun ändern.
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Pressemitteilung der DGKJ | Redaktion: Sebastian Schmidt
Selbst TV-Sendungen, Webseiten oder Social-Media-Kanäle, die sorgsam auf ihre Eignung für Kinder begutachtet wurden, sind gerahmt und unterbrochen von Werbung, die für die junge Zielgruppe maßgeschneidert ist.
Sie präsentieren zumeist Süßwaren, Snacks und Getränke speziell für Kinder. Für die Jüngsten werden Schokoriegel, Puddings oder Knusperflocken mit Comicfiguren angereichert, für die Größeren verbinden Influencerinnen und Influencer ihren Content mehr oder minder gekonnt mit Werbung, die Bedürfnisse nach diesen speziellen Produkten mit viel zu hohen Gehalten an Zucker, Salz, gesättigten Fetten und Trans-Fettsäuren erzeugt.
„Aus Sicht der Eltern ist diese Art der Umwerbung ihrer Kinder mit kommerziellem Absatzinteresse nicht akzeptabel, denn die Diskrepanz zum empfohlenen Ernährungsprofil ist riesig“, kritisiert Prof. Dr. Ursula Felderhoff-Müser, Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ).
Neues Gesetz wird seit Jahren von Kinderärzten gefordert
Das Vorhaben wurde heute von Bundesernährungsminister Özdemir vorgestellt, eingefordert wird es seit Jahren von Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten, wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Verbraucherorganisationen. Sie betraten damit kein Neuland, denn die Wirksamkeit der an Kinder gerichteten Werbung ist gut belegt.
Ein wesentlicher Punkt: Kinder können den nicht-faktischen, verführenden Charakter von Werbung kaum verstehen,1 sie reflektieren noch nicht, wie sehr ihre Lebensmittel- und Getränkepräferenzen, Verzehr und Kaufwünsche davon beeinflusst werden.2
Nicht nur kurzfristige ernährungsbedingte Krankheiten
Gleich auf zwei Ebenen entstehen dadurch große Gesundheitsrisiken: Zum einen ist gesunde Ernährung für Wachstum, Entwicklung, Leistungsfähigkeit und langfristige Gesundheit besonders wichtig, zudem werden im Kindesalter jene Vorlieben und Gewohnheiten erlernt und gefestigt, welche die Speisen- und Getränkeauswahl im späteren Alter prägen.
„Mit Blick auf die hohe Krankheitslast durch Übergewicht, Adipositas und weitere ernährungsabhängige Krankheiten ist jede Investition in die gesunde Ernährung von Kindesbeinen an sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft ungeheuer lohnend“, konstatiert Prof. Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der DGKJ-Ernährungskommission.
DGKJ begrüßt Initiative des Bundesernährungsministers
Das heute vorgestellte Vorhaben sieht vor, die an Kinder bis 14 Jahren gerichtete Werbung für Lebensmittel, die nach dem WHO-Nährwertprofil als ungünstig zu bewerten sind, mittels gesetzlicher Maßnahmen zu beschränken.
Auch hiermit greift man auf einen längst vorliegenden Konsens zurück, hatte sich die WHO doch bereits am 12. Mai 2010 mit der Zustimmung von 192 Mitgliedsländern für eine wirksame Begrenzung von Werbe- und Vermarktungsmaßnahmen von ungesunden Lebensmitteln mit hohem Gehalt an gesättigtem Fett, Zucker oder Salz ausgesprochen.3
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) begrüßt die Initiative des Bundesernährungsministers ausdrücklich. Aus fachlicher Sicht und im Interesse der Kindergesundheit ist die Regulierung von an Kinder gerichteter Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt eine Notwendigkeit im Interesse der Kindergesundheit und trifft auf ungeteilte Zustimmung der wissenschaftlichen Expertinnen und Experten.
Zum Entwurf des Bundesernährungsministeriums für eine Beschränkung der Lebensmittelwerbung erklärt Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG):
„Der Entwurf von Bundesernährungsminister Cem Özdemir ist ein Meilenstein für die Kindergesundheit. Das international anerkannte WHO-Nährwertmodell ist die ideale Grundlage für die Werbebeschränkung und die vorgeschlagenen Uhrzeiten stellen einen umfassenden Schutz der Kinder unter 14 Jahren sicher. Die schädlichen Einflüsse der Lebensmittelwerbung können nur mit einem solch umfassenden Ansatz wirksam eingedämmt werden. Wir appellieren an die Koalitionspartner, diesen aus wissenschaftlicher Sicht richtigen und wichtigen Vorschlag des Ministers zu unterstützen.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Viele der beliebtesten Sendungen bei Kindern unter 14 Jahren sind keine Cartoons, sondern Familienshows und Fußballübertragungen. Eine Werbebeschränkung light, die nur im Umfeld klassischer Kindersendungen greift, wäre zum Scheitern verurteilt. Es ist außerordentlich erfreulich, dass der Bundesernährungsminister diese Erkenntnisse aus der Medienforschung bei seinen Plänen berücksichtigt.“