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Pädiatrie kompakt

07. Nov. 2022
Kicken statt zocken

Wird die Bildschirmzeit von Kindern eingeschränkt, werden sie körperlich aktiver

Schränkt man in Familien mit extensiver Mediennutzung die Bildschirmzeit stark ein, verbringen die Kinder zumindest einen Teil dieser „gewonnenen“ Zeit aktiv statt mit anderen sitzenden Tätigkeiten. Das zeigt eine 2-wöchige Intervention in dänischen Familien. Die Studienergebnisse wurden in JAMA Pediatrics veröffentlicht.1

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Sitzendes Kind vor Tablet

Autorin: Julia Rommelfanger | Redaktion: Sebastian Schmidt

Im Schnitt waren Kinder, deren Bildschirmzeit auf 3 Stunden pro Woche begrenzt wurde, täglich eine Dreiviertelstunde länger körperlich aktiv als Kinder der Kontrollgruppe ohne Einschränkung der Mediennutzung in der Freizeit. Am Wochenende betrug der Unterschied sogar rund eineinviertel Stunden (73 Minuten).

Vor der 2-wöchigen Interventionsphase verbrachten die Kinder, die an der Studie teilnahmen, im Schnitt rund 5 Stunden an Tablets, Smartphones, vor Computer-Bildschirmen oder vor dem Fernseher.

Extensive Mediennutzung ist ein Gesundheitsproblem

„Die offensichtlich kausalen Auswirkungen von Bildschirmnutzung in der Freizeit auf die körperliche Aktivität sind bei Kindern groß genug, um extensive Bildschirmnutzung als öffentliches Gesundheitsproblem zu betrachten, das Inaktivität fördert“, bilanzieren die dänischen Autoren um Jesper Pedersen, Centre of Research in Childhood Health, University of Southern Denmark, Odense, Dänemark.

Bei Erwachsenen resultierte eine stark reduzierte Mediennutzung in der Freizeit nicht in mehr Aktivität – die Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe blieben unter der Signifikanzgrenze. Es sei möglich, so die Autoren, dass die Erwachsenen ihre Bildschirmzeit durch andere sitzende Tätigkeiten ersetzt haben. Ebenso sei denkbar, dass eine Einschränkung der Bildschirmzeit auch bei Erwachsenen positive Auswirkungen auf die Bewegungszeit hat, die jedoch geringer seien als bei Kindern und daher in dieser Studie nicht feststellbar waren.  

Kinder verbringen einen großen Teil ihrer Freizeit vor dem Bildschirm, was mit Übergewicht und Beeinträchtigungen der körperlichen und mentalen Gesundheit in Zusammengang steht. Das dänische Forscherteam hat in der Studie SCREENS (Short-term Efficacy of Reducing Screen-based Media Use) nun untersucht, ob und inwiefern sich eine drastische Begrenzung der Mediennutzung auf die körperliche Aktivität und das Schlafverhalten von Kindern und Erwachsenen auswirkt.

Nur 3 Stunden Mediennutzung in der Woche

Über einen Zeitraum von 2 Wochen wurden hierfür 89 dänische Familien in eine von 2 Gruppen Cluster-randomisiert:

  • Interventionsgruppe mit Begrenzung der Bildschirmzeit auf höchstens 3 Stunden/Woche: 45 Familien mit 86 Kindern und 82 Erwachsenen (Durchschnittsalter der Kinder: 8,6 Jahre)
  • Kontrollgruppe ohne Begrenzung der Bildschirmzeit: 44 Familien mit 95 Kindern und 82 Erwachsenen (Durchschnittsalter der Kinder: 9,5 Jahre)

Die Bewegungszeit wurde mit Beschleunigungssensoren oberhalb der Hüfte und am Oberschenkel gemessen; Schlafmuster wurden mittels EEG untersucht.

Täglich rund 45 Minuten länger aktiv

Während der Interventionsphase waren die Kinder mit Bildschirmzeitbegrenzung im Schnitt eine Dreiviertelstunde länger körperlich aktiv als vor der Intervention. In der Kontrollgruppe betrug der Unterschied nur eine Minute. An Wochentagen waren Kinder in der Interventionsgruppe rund 34 Minuten länger körperlich aktiv, am Wochenende betrug der Unterschied 73,4 Minuten. Damit lag die tägliche Bewegungsdauer in der Freizeit in der Interventionsgruppe insgesamt im Schnitt um 30% höher als in der Kontrollgruppe. 

Diese Erkenntnisse, die andeuten, dass hohe Bildschirmzeiten Inaktivität fördern, könne nicht ohne Konsequenzen bleiben, so das Fazit der dänischen Studiengruppe. „Die Bildschirmzeit von Kindern in ihrer Freizeit in Maßen zu halten sollte eine Priorität im öffentlichen Gesundheitswesen darstellen, da dies ihre Bewegungszeit deutlich erhöht“, fordern Pedersen und seine Kolleginnen und Kollegen.

Sie vermuten, dass die Erwachsenen, bei denen sich während der Bildschirmzeitbegrenzung keine Unterschiede im Bewegungsverhalten zeigten, die „gewonnene“ Zeit wahrscheinlich mit anderen sitzenden Tätigkeiten verbracht haben. Ebenso könnten die Effekte bei Erwachsenen kleiner ausfallen und in dieser Studie somit nicht erkennbar sein.

Auf das Schlafverhalten – Schlafdauer, Einschlafzeit oder Aufwachen nach dem Einschlafen – hatte die Intervention dagegen überraschenderweise weder bei Kindern noch bei Erwachsenen signifikante Auswirkungen. Ebenso wenig wurden REM- oder Leichtschlafphasen beeinflusst.

Dieser Beitrag ist im Original auf Medscape.com erschienen.

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