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Onkologie kompakt

05. Apr. 2023
OnkoRat 2023

Tumoragnostische Therapie: Warum es sich lohnt zu testen

Die Tumordiagnostik mit verschiedensten Methoden gewinnt immer mehr an Bedeutung, da zunehmend zielgerichtete Therapien zur Verfügung stehen. Welche Möglichkeiten und Herausforderungen es bei der Testung gibt, erörterte Prof. Dr. Markus Tiemann, Hamburg, beim OnkoRat 2023.1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Publikum beim OnkoRat
Voller Saal während des Vortrags (Martin Leissl, Frankfurt am Main)

Autor: Christoph Renninger

Auf der Suche nach genetischen Alterationen

Die Detektion von Veränderungen in Tumorzellen kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen, von Punktmutationen, Translokationen, Amplifikationen, welche häufig bei Resistenzen zu beobachten sind, bis hin zu komplexen Biomarkern, die ganze molekulare Signalwege betreffen. Mithilfe agnostischer Tumormarker kann eine zielgerichtete Therapie ausgewählt werden, welche sich gegen das mutierte Gen richtet.

Bei den Testmethoden unterscheidet Tiemann in drei Arbeitsebenen:

  • DNA: mit Next Generation Sequencing, z.B. mit Hybrid Capture (paralleler Nachweis unterschiedlicher Mutationsarten)
  • RNA: mit ARCHER Translokationen entdecken, Fusionspartner finden & identifizieren
  • Protein: Immunhistochemie als Standard zur Übersicht, Nanopartikel als mögliche Weiterentwicklung

Das Zusammenspiel von Datenanalyse, klinischen Informationen und Literaturrecherche zum individuellen Befund erfordert ein komplexes Zusammenspiel, so Tiemann. Vor allem werden gute Datenbanken zur Interpretation der Ergebnisse benötigt.

Wann bringt RNA-Sequenzierung einen Vorteil?

Bei der klassischen in-situ Hybridisierung werden mittels spezifischer Sonden Translokationen und damit indirekt Genfusionen auf DNA-Level nachgewiesen. Bei der ARCHER-Methode hingegen werden je ein genspezifischer und ein universeller Primer verwendet. Dadurch können auch unbekannte Fusionspartner und Bruchpunkte auf RNA Ebene entdeckt werden.

Eine RNA-Sequenzierung kann hilfreich sein, wenn fraglich ist, ob Splicesite-Mutationen tatsächlich zum Exon-Skipping führen (z.B. MET exon14 skipping) oder beim Nachweis eines Pan-Wildtyps beim NSCLC (v.a. bei Wenigrauchern, jungen Frauen oder anderen Personen, die nicht zu einer typischen Risikogruppe zählen).

Zudem ist das RNA-Sequencing ein kostengünstiger Nachweis von Translokationen bei seltenen Tumoren, wie etwa NTRK beim Sarkom. Auch zur Detektion von Resistenzmutationen im Rezidiv (mittels Liquid Biopsy und im Gewebe) können RNA- und DNA-Sequenzierung beitragen.

KRAS als Beispiel der zielgerichteten Therapie

Aus seinem eigenen Institut, dem Institut für Hämatopathologie Hamburg, berichtet Tiemann Ergebnisse zur Diagnostik von Lungentumoren (710 Proben seit Ende Oktober 2021). Bei einem Drittel (33,1%) findet sich eine Mutation im KRAS-Gen. Am häufigsten ist dabei G12C (40,4%), gefolgt von G12V (17,4%) und G12D (14,5%).

Dies ist insofern eine gute Nachricht, da seit Januar 2022 der G12C-spezifische KRAS-Inhibitor Sotorasib von der EMA zugelassen ist. Entscheidend hierfür war die Codebreak 100-Studie.² Mit Adagrasib ist ein weiterer G12C-spezifischer KRAS-Inhibitor bereits in den USA zugelassen.3 Pan-KRAS Inhibitoren, die auch andere Mutationen zum Ziel haben befinden sich derzeit in frühen Studienphasen.

KRAS G12C-Mutationen finden sich zwar vor allem in Tumoren der Lunge, sie kommen jedoch auch in einer Reihe von anderen Entitäten vor, z.B. Darmkrebs, Sarkomen der Brust oder Gebärmutterkrebs. Bei Pankreaskarzinomen ist G12C die einzige vorkommende KRAS-Mutation.

Mit Blick auf die zunehmende Zahl an tumoragnostischen Zulassungen, in Zukunft möglicherweise auch RET, HRD/HRR, KRAS u.a., betont Tiemann abschließend die Bedeutung moderner Testverfahren. Auch bei perioperativen Situationen (Adjuvanz/Neoadjuvanz) wird die molekulargenetische Testung an Wichtigkeit gewinnen.

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