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Onkologie kompakt

16. Feb. 2023
Neue Studie

Kritische Behandlungsfehler bei jedem 10. krebskranken Kind

Neue Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Medikationsfehler bei pädiatrischen Patientinnen und Patienten mit Leukämien oder Lymphomen erstaunlich häufig vorkommen. Viele der dadurch entstandenen Schäden wären vermeidbar.1,2

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Krebskrankes Kind mit Teddybär
Eine Bürde für kleine Patienten (Foto: Getty Images / FatCamera)

Autorin: Patricia McKnight | Redaktion: Christoph Renninger

Überraschende Zahl an Fehlern bei Medikamenten

Die im Januar in Cancer publizierte Arbeit untersuchte 131 Kinder in den USA. Diese nahmen im Rahmen einer Krebstherapie insgesamt knapp 1670 Medikamente ein. Dabei stellten die Forschenden in einem Zeitraum von sieben Monaten 400 Medikationsfehler fest, darunter 242 mit dem Potenzial für Schädigungen.

Bemerkenswert war zudem, dass es bei 10% der Kinder zu Schäden durch die Behandlungsfehler gekommen war. Ein Ergebnis, das die Autorinnen und Autoren überraschte und hätte verhindert werden können.

Insgesamt wächst die Evidenz, dass unter Kindern mit Krebs die Zahl an ambulanten Medikationsfehlern häufig sind. Studien erbrachten Fehlerraten zwischen 2 und 19 %, am häufigsten eine vergessene orale Chemotherapie (10-40 %). Longitudinale Daten zu Fehlerarten und Häufigkeit lagen bislang aber nur wenige vor.

Viele Medikamente sorgen für Fehleranfälligkeit

In der Studie wurden nun diese Daten im mittleren Westen und Südosten der USA zwischen August 2016 und März 2019 erhoben. Krankenpflegepersonal führte 367 Hausbesuche bei 131 Kindern und Jugendlichen (Medianes Alter 6 Jahre) durch, die eine orale Chemotherapie zur Behandlung einer Leukämie (94 %) oder eines Lymphoms (6 %) erhielten.

Insgesamt nahmen die jungen Patientinnen und Patienten 1669 Medikamente über 39.987 Patiententage ein, im Median waren es für jedes Kind 12 Medikamente (Spanne von 2 bis 33 Medikamente).

Während der Hausbesuche nach 3 und 6 Monaten wurden die Erziehungsberechtigen über Dosis, Frequenz, Indikation und Probleme bei der Medikamentengabe befragt und bei der Gabe beobachtet. Die Krankenpfleger und -schwestern zeichneten dabei Hinweise auf mögliche Fehler auf, welche von ärztlicher Seite bewertet wurden. Die Schwere wurde anhand von Standardskalen eingestuft, von signifikant, bis lebensbedrohlich und fatal.

Fehler bei fast jedem Kind

Die Forschenden stellten fest, dass bei 79 % der Kinder mindestens ein Fehler vorkam, mit einer Gesamtrate von 12,4 Fehlern pro 1000 Patiententage. Bei 42 % der Patientinnen und Patienten hatte mindestens ein Fehler Schadenspotenzial und 10 % erlitten einen Schaden durch den Fehler.

Die häufigste Ursache für Fehler mit möglichen Konsequenzen lag bei der Administration zu Hause (78 %), gefolgt von Fehlern bei der Verordnung (18 %). In 92 Fällen kam es zu einer Unterdosierung der oralen Chemotherapie, darunter 55 ausgelassene Dosen und 8 Fälle, in denen die Medikamente nie eingenommen worden waren. Zudem kam es zu 10 Fällen von Überdosierungen, zwei davon durch fehlerhafte Verordnungen.

Bei den 39 Fehlern mit Folgeschäden, kam es in drei Fällen zu schwerem Schaden (8 %) und 36 hatten einen signifikanten Schaden zur Folge. Eine Überdosierung führte zu einer Zytopenie.

Vermeidbare Fehler verhindern

Die meisten Fehler passierten bei der Medikamentengabe durch Erziehungsberechtigte, etwa bei der Dosierung oder fehlerhafte Kommunikation untereinander, was zu verpassten oder doppelten Einnahmen führte. Durch eine bessere Kommunikation zwischen den Eltern, aber auch mit den Klinikmitarbeitenden, wären die meisten Fehler vermeidbar gewesen.

Das Autorenteam empfiehlt daher neben einer verbesserten Kommunikation, detaillierte Anweisungen und Aufzeichnungen, die Nutzung von Hilfsmitteln, wie Kalendern oder automatischen Erinnerungen, regelmäßige Überprüfungen in der Klinik oder Hausbesuche.

Auch technologische Hilfsmittel können von Nutzen sein, entscheidend sind jedoch die handelnden Personen im Haushalt mit krebskranken Kindern. Wie diese von manchen Bürden entlastet werden können, sei die wichtigste Frage, so die Forschenden in einem begleitenden Editorial.3

Dieser Beitrag ist im Original erschienen bei Medscape.com.

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