Krisen, Krieg und Krebs
Krieg in der Ukraine, Klimawandel und Extremwetter und Kliniken am Rande der Belastbarkeit – das Jahr 2022 war voller Krisen. Doch welche Auswirkungen hatten diese mit Blick auf Krebserkrankungen?
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Autor: Christoph Renninger
Krieg, Ängste und Jodidtabletten
Auf dem diesjährigen Onko Update begann Prof. Dr. Andreas Neubauer, Universitätsklinikum Gießen-Marburg, seinen Vortrag mit einem Blick auf die großen Krisen des vergangenen Jahres, gerade im Hinblick auf besondere Entwicklungen in der Onkologie.1
Mit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar kam es etwa zu einem großen Ansturm auf Apotheken, um sich mit Jodtabletten einzudecken. Eine Studie verglich das Kriegsjahr mit dem Vorjahr und es zeigte sich, dass der Jodidverkauf in Österreich um fast 4000% zunahm (Mai 2022 vs. Januar 2022), in Deutschland immerhin noch um 200%. In Finnland waren es sogar 8500%.²
Diese Zahlen sprechen, so Neubauer, für eine krisenhafte Stimmung in der Bevölkerung in Europa. Sollte es zu einem Unfall mit radioaktivem Jodid kommen, ist die Einnahme von Jodid sicherlich sinnvoll. Ob es das prophylaktische Eindecken damit auch ist, ist eine andere Frage.
Keine klinischen Studien im Kriegsgebiet
Der Krieg in der Ukraine hat aber vor allem Auswirkungen auf die Menschen im Land. Krebspatientinnen und -patienten werden deutlich schlechter versorgt oder versuchen nach Westeuropa zu fliehen. In eher unbekannter Aspekt ist, dass sich viele Pharmafirmen in den Jahren zuvor bei klinischen Studien auf die Ukraine konzentriert haben.3
So sollten der selektive Östrogenantagonist Giredestrant, der PI3K-Inhibitor Inavolisib und der TIGIT-Antikörper Tiragolumab alle in klinischen Studien in der Ukraine untersucht werden. All diese Studien mussten abgebrochen werden und es müssen nun Patientinnen und Patienten in anderen Ländern rekrutiert werden.
Klima und Krebs
Hierzulande machte sich der Klimawandel, besonders im Sommer mit enormer Hitze, immer deutlicher bemerkbar. Mehr als 3000 Menschen in Deutschland verstarben im Sommer in Deutschland mehr als erwartet, der Grund sind die hohen Temperaturen. Über die Auswirkungen es Klimawandels auf chronische Krankheiten, insbesondere Krebs, ist allerdings noch wenig bekannt.
Ein Übersichtsartikel in Lancet Oncology bietet einen Überblick von Noxen im Zusammenhang mit dem Klimawandel, z.B. durch Waldbrände, Dürren, Hitze, Anstieg der Meeresspiegel und Extremwetterlagen.4 Diese können zu Luft- und Wasserverschmutzung, Verhaltensänderungen, Nahrungsmittelproblemen und vermehrten Infektionen führen.
So ist Feinstaub ein Ergebnis des menschengemachten Klimawandels und kann, neben COPD und anderen Erkrankungen auch zu Lungentumoren führen. Durch den globalen Klimawechsel werden sich nicht nur die Inzidenzen onkologischer Erkrankungen verändern, sondern auch die Art der Versorgung.