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Onkologie kompakt

20. Okt. 2023
DGHO 2023

Onkopedia-Leitlinien: Neues in der Hämatologie

In den vergangenen Monaten gab es einige Aktualisierungen von hämatologischen Onkopedia-Leitlinien. Prof. Dr. Eva Lengfelder, Heidelberg, gab bei der Jahrestagung der DGHO einen Überblick.1

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Blutzellen
(iStock / Getty Images)

Autor: Christoph Renninger

Myeloische Neoplasien

Im Bereich der myeloischen Neoplasien gab es 2022 neue WHO/ICC Definitionen und einige erst kürzlich veröffentlichte Leitlinien. Die allgemeine Kurzübersicht zu Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) erschien im September 2023 und gibt eine Übersicht über die MPN-Entitäten nach den neuen Definitionen. Details finden sich in den sechs Entitäts-bezogenen Leitlinien.

Im gleichen Monat erschien die Aktualisierung der Leitlinie zur Polycythaemia vera. Neuerungen sind hier der Prognosefaktor Allel-Last, da die Absenkung der Allel-Last unter Therapie prognostisch relevant ist. Da neuere Studienergebnisse zu Interferon-alpha vorliegen, hat sich der Therapiealgorithmus geändert. In der Erstlinie ist nun Interferon-alpha die empfohlene Therapie. Bei Niedrig-Risiko-PV kann eine zytoreduktive Therapie zum Einsatz kommen.

Die Chronische Neutrophilen-Leukämie (CNL) ist eine seltene Erkrankung mit schlechter Prognose. Es gibt aktivierende Mutationen im G-CSF-Rezeptor-Gen. Zielgerichtete Therapien mit JAK1/2-Inhibitoren oder SRC-Inhibitoren sind nur begrenzt wirksam. Die derzeit einzige kurative Therapie ist die allogene Stammzelltransplantation. Im Juli 2023 erschien die neue CNL-Leitlinie mit einem aktualisierten Therapiealgorithmus.

Noch druckfrisch ist die Leitlinie zur Eosinophilie aus dem Oktober 2023. In dieser werden die Begriffe „Hypereosinophiles Syndrom (HES) und klonale Eosinophilie definiert. In 90% der Fälle handelt es sich um eine reaktive Eosinophilie, die übrigen sind neoblastisch, so Lengfelder. Ein zentraler Bestandteil der Leitlinie sind die Charakteristika der genetischen Aberrationen. Auch der Algorithmus zur Therapiestratifizierung wurde neu erstellt.

Wichtige Neuerungen gab es auch bei Myelodysplastischen Neoplasien (MDS), insbesondere durch die Einbeziehung potenzieller Frühformen. Auch die Molekularpathologie für Verlaufskontrolle und Therapie gewinnt zunehmend an Bedeutung. Hier kann der neue Prognosescore IPSS-molekular genutzt werden. Auch die Grenze des Serum-EPO-Spiegels wurde therapieadaptiert gesenkt (ursprünglich <500 U/l auf teilweise <200 U/l).

Neuerungen bei der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) sind die Darstellungen und Unterschiede der Klassifikationen von WHO und ICC. Außerdem wird der Begriff der Minimalen Resterkrankung aufgenommen und Methoden zu deren Bestimmung verglichen. Bei der Therapie sollen fertilitätserhaltende Maßnahmen mehr berücksichtigt werden.

Lymphatische Neoplasien

Zu den wichtigsten Neuerungen bei der Chronischen Lymphatischen Leukämie (CLL) zählen bei der Erstlinientherapie der Entfall es Alters als Stratifizierungsparameter und die tragende Rolle chemotherapiefreier Behandlungen. In der Zweitlinientherapie werden nun Zweitgenerations-BTKI und Venetoclax miteinbezogen. Die Indikation für eine allogene Stammzelltransplantation ist stark zurückgegangen.

Im Sommer gab es Neuerungen in der Onkopedia-Leitlinie zum Mantelzell-Lymphom. Während der Induktion und Erhaltung wird die zusätzliche Gabe von Ibrutinib empfohlen. Erstmals liegt nun ein separater Algorithmus für die Rezidivtherapie vor. Außerdem wurden neue Therapieoptionen aufgenommen, wie Pirtobrutinib, Venetoclax und CAR-T-Zellen.

Beim Follikulären Lymphom sind die Empfehlungen zur Erstlinientherapie in der aktuellen Version (April 2023), aber erstmals liegt ein eigener Algorithmus zur Therapie bei Rezidiv, Refraktärität oder Progress vor. Zudem sind jetzt neuere Therapieverfahren und Medikamente wie die CAR-T-Zelltherapie oder Mosunetuzumab in die praktischen Empfehlungen integriert.

Was folgt als nächstes?

Neben den von Lengfelder vorgestellten Neuerungen gab es in den vergangenen zwölf Monaten zehn weitere Aktualisierungen von hämatologischen Onkopedia-Leitlinien. Ebenso gibt es drei Neuentwürfe:

  • Hodgkin-Lymphom
  • Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS)
  • Essenzielle Thrombozythämie

Auf die Frage aus dem Publikum, wann denn die lange erwartete Aktualisierung zum Multiplen Myelom komme, antwortete Lengfelder, dass diese derzeit in Bearbeitung sei, die Konsensfindung sich aber als schwierig erweise. Einen Zeitrahmen für die Veröffentlichung nannte sie nicht.

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