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Onkologie kompakt

22. Okt. 2023
DGHO 2023

S3-Leitlinie Psychoonkologie: Was ist neu?

Die erstmals 2014 erschienene Leitlinie Psychoonkologie wurde vor kurzem überarbeitet und aktualisiert. Welche Neuerungen es gibt, präsentierte Prof. Dr. Imad Maatouk, Würzburg, auf der Jahrestagung der DGHO.1,2

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Ärztin legt Patientin die Hand auf die Schulter
(Getty Images)

Autor: Christoph Renninger

Zahlreiche Änderungen und Neuerungen

In der Leitliniengruppe waren 84 Mandatsträger aus 70 Fachgesellschaften beteiligt. Die Vielfalt der vertretenen Berufsgruppen sorgt für ein umfassendes Bild und eine hohe Qualität der Empfehlungen. Insgesamt gibt es 41 neue Empfehlungen (45,1%) und 39 Modifikationen (39%) in der Version 2.01 aus dem Mai 2023.

Neuerungen bei psychoonkologischen Interventionen

Erstmals werden E-Health-Angebote in der Psychoonkologie als mögliche Intervention aufgeführt. Allerdings ist ein Einschlusskriterium die persönliche Interaktion (Bsp. Videochats, Telefon) in Ergänzung zu Webseiten und Apps. DiGAs zählen nicht dazu, da noch keine ausreichende Evidenz vorliegt.

In der Palliativsituation gibt es neue Empfehlungen in den Bereichen Meaning-Centered Psychotherapy, Managing Cancer and Living Meaningfully (CALM)-Therapie und Dignity Therapie. Auch bei der Krisenintervention wurden die Empfehlungen aktualisiert.  Diese durchläuft in der Regel drei Phasen: Emotionale Entlastung, Reflektion des Krisenanlasses und Reintegration.

Bei künstlerischen Therapieformen ist die Evidenz für Spezialtherapien enorm gewachsen und diese werden nun in Kunst-, Musik- und Tanz- und Bewegungstherapie aufgeteilt. So kann Musiktherapie zur Reduktion von Schmerzen in Ergänzung zur Schmerztherapie angeboten werden.

Neue Empfehlungen zum Versorgungssystem

Zur Umsetzung der Leitlinie gibt es nun settingspezifische Ausführungen für Akutkliniken, Reha-Kliniken und ambulante Strukturen (Praxen oder Beratungsstellen). Auch die Qualitätssicherung wurde spezifiziert, hinsichtlich der Supervision, Öffentlichkeitsarbeit, Dokumentation, Stellenzahl und Qualifikation der Berufsgruppen.

In allen Kliniken der onkologischen Versorgung und der onkologischen Rehabilitation soll es ein psychoonkologisches Versorgungsangebot durch qualifizierte Fachkräfte geben. Bei stationären oder ambulanten Versorgungseinrichtungen soll es auch ein Angebot zur sozialen Beratung geben.

Für die personellen Erfordernissen empfiehlt die Leitlinie für Zentren und Kliniken eine psychoonkologische Vollzeitkraft je 300 Fälle pro Jahr mit allen onkologischen Diagnosen außer Prostatakrebs und Melanome. Für diese beiden Patientengruppen gilt eine Zahl von 500 Fällen pro Jahr für eine psychoonkologische Vollzeitkraft. Bei geringerer Fallzahl sollen die Stellen anteilig berechnet werden.

Neuerungen zur Psychopharmakolotherapie

Bei Krebspatientinnen und -patienten kommt es häufig zu Schlafstörungen in Folge der psychischen Belastung, als Nebenwirkung der Behandlung oder in Folge der Krebserkrankung selbst. Diese sollten regelmäßig erfasst und multimodal behandelt werden.

Eine psychopharmakologische Behandlung sollte mit erhöhtem Augenmerk auf verstärkte Nebenwirkungen bei somatischen Grunderkrankungen und pharmakokinetische Interaktionen geachtet werden. Insbesondere kann die Krampfbereitschaft erhöht sein oder der Einfluss auf Leberenzyme die Krebstherapie beeinflussen.

Bei malignen ZNS-Tumoren oder zerebralen Metastasen gibt es potentielle psychische Nebenwirkungen bei einer antikonvulsiven Therapie und potentielle Interaktionen mit dieser. Insbesondere durch trizyklisch Antidepressiva und Maprotilin ist das Krampfrisiko erhöht, Bupropion ist kontraindiziert.

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