Patient will auf Aufklärung vor einem Eingriff verzichten – geht das rechtswirksam?
In unserer Rubrik „Sie fragen – Experten antworten” gehen unsere Experten aus den Bereichen Praxismanagement, Abrechnung und Medizinrecht auf unterschiedliche Fragestellungen der coliquio-Mitglieder ein.
Lesedauer: ca. 2 Minuten

Autorin: Nadine Ettling, Fachanwältin für Medizinrecht bei der Kanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht. Redaktion: Sebastian Schmidt.
Fragestellung
Kann ein Patient auf die vor einem Eingriff vorgeschriebene Aufklärung auch rechtswirksam verzichten?
Expertenantwort
Aus dem Selbstbestimmungsrecht der Patienten resultiert die grundsätzliche Pflicht für Ärztinnen und Ärzte sie umfassend aufzuklären. Nur so wird eine selbstbestimmte Entscheidung überhaupt erst möglich. Gleichzeitig ergibt sich hieraus aber auch das Recht der Patienten, auf die Aufklärung zu verzichten, das sogenannte „Recht auf Unwissenheit“. Normiert ist das Ganze in den §§ 630 d und 630 e BGB, die die Informations- und Aufklärungspflichten im Einzelnen regeln.
Neben Notfallsituationen und bereits aufgeklärten Patienten kann eine Aufklärung danach dann entbehrlich sein, wenn volljährige Patienten von sich aus auf die Information oder die Aufklärung verzichten.
An die Wirksamkeit eines solchen Verzichts werden strenge Anforderungen gestellt. Patientinnen und Patienten müssen den Verzicht deutlich, klar und unmissverständlich geäußert und die Erforderlichkeit der Behandlung sowie deren Chancen und Risiken zutreffend erkannt haben (BT-Drs. 17/10488, 22). Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich davon zu überzeugen, dass verzichtende Patienten die Erforderlichkeit des Eingriffs ebenso kennen wie dessen Art und den Umstand, dass der Eingriff nicht ohne Risiko verlaufen kann.
Der Verzicht auf Information oder Aufklärung sollte immer und unbedingt schriftlich dokumentiert werden. Zeitpunkt, Grund und Reichweite des Verzichts sollten hierzu durch eigenhändige Unterschrift durch die Patientin bzw. den Patienten bestätigt werden. Denn die ärztliche Aufklärungspflicht entfällt nur durch den wirksamen Verzicht von Patientenseite in dem von den Patientinnen und Patienten gewünschten Umfang. Können Medizinerinnen und Mediziner diesen Verzicht nicht nachweisen, kann hieraus schnell ein Haftungsfall entstehen.
Über die Autorin

Nadine Ettling ist Fachanwältin für Medizinrecht bei der Anwaltskanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht. Die Kanzlei hat sich ausschließlich auf die Beratung medizinischer Leistungserbringer und Industrieunternehmen aus der Gesundheitsbranche spezialisiert.
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