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Medizinrecht

27. Juni 2023
Unmöglich – oder doch?

Urteil: Fristlos gekündigt wegen Kaffeepause

Gibt es im Betrieb eine elektronische Zeiterfassung, müssen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Pausen ausstempeln. Das gilt auch für kurze Kaffeepausen - andernfalls kann ihnen fristlos gekündigt werden, wie das LG Hamm kürzlich urteilte.

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Praxismitarbeiter und Stechuhr
Auch für kurze Pausen sollte man sich lieber ausstempeln. (Foto: Auremar | Dreamstime | Symbolbold)

Der folgende Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit dem Virchowbund | Redaktion: Dr. Nina Mörsch

Arbeitgeber können Mitarbeiter fristlos kündigen, wenn ein Arbeitszeitbetrug vorliegt. Das gilt auch, wenn eine Beschäftigte nur für etwa 10 Minuten Kaffee trinken geht und sich dafür nicht bei der elektronischen Zeiterfassung ausstempelt.

Leugnet und verschleiert die Beschäftigte ihre Tat, ist eine Abmahnung nicht notwendig, sondern ihr kann direkt gekündigt werden. Dafür kann sogar ein einmaliges Vergehen ausreichen. Entscheidend ist ihr Verhalten nach einer solchen Tat. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27.01.2023 (Az.: 13 Sa 1007/22).

So kam es zur Entscheidung

Eine Raumpflegerin hatte sich zu Beginn ihrer Arbeitszeit bei dem Betrieb eingestempelt. Kurz danach ging sie im gegenüberliegenden Lokal einen Kaffee trinken. Dafür stempelte sie sich bei der elektronischen Zeiterfassung nicht aus.

Der Chef beobachtete die Raumpflegerin. Als er sie auf ihr Verhalten ansprach, leugnete sie dieses zunächst. Erst als der Chef ihr anbot, ihr Beweisfotos auf seinem Handy zu zeigen, räumte die Raumpflegerin ihr Fehlverhalten ein.

Der Arbeitgeber kündigte der Frau fristlos. Da sie zu 100 Prozent schwerbehindert ist, hatte er vorher dazu die Zustimmung des Inklusionsamts eingeholt.

Gegen diese Entscheidung klagte die Raumpflegerin. Sie hielt die Kündigung für unverhältnismäßig. Ihr Argument: Es habe sich um ein einmaliges Vergehen gehandelt. Doch sie verlor den Prozess.

Das sagt das Gericht

Die Kündigung ist rechtens. Ein vorsätzlicher Missbrauch einer Stempeluhr rechtfertige eine fristlose Kündigung. Der Vertrauensbruch sei enorm. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können.

Auch wenn es in diesem Fall nur um etwa 10 Minuten ging, sei eine Abmahnung entbehrlich. Denn diese hätte nach Auffassung des Gerichtes nicht dazu geführt, dass die Beschäftigte ihr Verhalten ändert.

Entscheidend war das Verhalten nach der Tat – und das Gericht wertete es als besonders schwerwiegend, dass die Frau ihren Chef auf Nachfrage angelogen und den Betrug zunächst geleugnet und verschleiert hatte.

Tipp des Virchowbundes

Sie überlegen einer Mitarbeiterin zu kündigen, möchten jedoch Ihre Alternativen ausloten? Lassen Sie sich rechtlich durch die Justitiarin des Virchowbundes beraten. Lieber einmal zu viel gefragt als vor dem Arbeitsgericht gelandet.

Für Kündigungen nutzen Sie die Musterkündigungsschreiben und lesen Sie in der Praxisinfo „Kündigung“ nach. Oder klicken Sie hier für Informationen zur Abmahnung und die Praxisinfo „Abmahnung“.

Welche Sonderregeln für Mitarbeiter mit Schwerbehinderung gelten, erfahren Sie in der Praxisinfo „Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen“ und unter Schwerbehinderung am Arbeitsplatz.

Beachten Sie außerdem, dass die Arbeitszeiterfassung auch in der Praxis Pflicht ist. Hier finden Sie eine Vorlage zur Arbeitszeiterfassung.

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