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Medizinrecht

09. Mai 2023
BGH-Urteil

Arzthonorar nach fehlerhafter OP darf nicht gerichtlich eingezogen werden

Im Fall eines Arztes, der Schönheits-OPs anbot, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH), dass ihm das Honorar für zwei fehlerhaft durchgeführte Operationen zustünde. Weil die Patientinnen in Folge der Eingriffe verstarben, muss der Mediziner in Haft und erhält Berufsverbot.

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Operationssaal Arzt Fehler
Darf das Honorar nach fehlerhaften Operationen eingezogen werden? (Symbolbild)

Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit Alexa Frey, Fachanwältin für Medizinrecht | Redaktion: Sebastian Schmidt

Ein Facharzt für Innere Medizin bot in seiner Praxis kosmetische Operationen an. Auch Operationen mit Eigenfetttransfer wurden durch den Arzt durchgeführt. Bei dieser Methode wird Patientinnen Körperfett durch Absaugen entnommen (sog. Liposuktion) und ein Teil der entnommenen Fettzellen anschließend wieder in andere Körperregionen, bspw. Brüste, Gesäß oder Teile des Gesichts, appliziert (sog. Lipotransfer).

Der Arzt führte diese Eingriffe ambulant in seiner Praxis durch. Eine medizinische Indikation für diese Schönheitsoperationen bestand nicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun über die Frage in einem aktuellen Beschluss entschieden, wie die Einziehung des ärztlichen Honorars auch nach einer fehlerhaften Schönheits-OP zu bewerten ist.1

Zwei Todesfälle nach Liposuktion

2018 operierte der Arzt eine damals 20-jährige Patientin und saugte 12,3 Liter Gewebeflüssigkeit – darunter 9,5 Liter Fettgewebe – ab. Anteile des Fettgewebes wurden in die Brüste und die Gesäßhälften der Frau injiziert. Am selben Tag verstarb die Patientin an einem Kreislaufversagen, insbesondere aufgrund der erheblichen Kreislaufbelastung durch die Entnahme der großen Menge Gewebeflüssigkeit, dem bei der Operation erlittenen Blutverlust sowie einer mäßigen Reduzierung der Lungenfunktion aufgrund einer Verstopfung der Kapillargefäße in der Lunge durch Fettanteile.

Knapp ein Jahr später operierte derselbe Arzt eine 42-Jährige. Hier wurden an Taille, Oberschenkeln, Oberarmen und dem Rücken insgesamt 6,3 Liter Gewebsflüssigkeit (5,1 Liter Fettgewebe) abgesaugt und das Fett in die Gesäßhälften appliziert. Die Frau verstarb tags darauf ebenfalls an Kreislaufversagen, hervorgerufen durch massiven Blutverlust in Verbindung mit einer mäßigen Reduzierung der Lungenfunktion nach einer Gefäßverstopfung.

Über die Autorin

Alexa Frey ist selbständige Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht und Fachanwältin für IT-Recht. Sie berät Leistungserbringer im Gesundheitswesen in Fragen des Arzthaftungsrechts, IT-Rechts, Datenschutzes, Vertrags- und Gesellschaftsrechts, Vergütungsrechts und Medizinstrafrechts.

Pikant: Eine ausreichende Aufklärung der Patientinnen vor den Operationen hatte nicht stattgefunden. Der Arzt hatte insbesondere nicht auf die Gefahr lebensgefährlicher Komplikationen bei der Entnahme und Zuführung großer Mengen an Fettgewebe informiert. Die Patientinnen hatten für die Operationen 9.500 Euro (im Fall der 20-Jährigen) bzw. 16.500 EUR (im Fall der 42-Jährigen) bezahlt.

Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge

Der Arzt wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Zudem wurde ein Berufsverbot für vier Jahre sowie die Einziehung der 26.000 Euro angeordnet.

Hiergegen legte der Arzt Revision ein. Der BGH hielt den Schuldspruch aufrecht. Lediglich der Ausspruch über die Einziehung des Arzthonorars als Taterträge i.H.v. von 26.000 EUR wurde vom BGH aufgehoben.

Für eine Einziehung nach § 73 StGB muss der Täter die Taterträge „durch“ oder „für die Tat“ erlagt haben.

Das Arzthonorar sei aber gerade nicht als Gegenleistung für ein rechtswidriges Tun des Arztes gewährt worden; vielmehr gingen die Patientinnen und der Arzt von einer nicht rechtswidrigen Behandlung aus.

Es handelt sich deshalb nicht um 'Lohn' für rechtlich missbilligtes Verhalten des Täters, weshalb Sinn und Zweck der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, wonach sich Straftaten 'nicht lohnen dürfen', gegen eine Einziehung des Arzthonorars sprechen. Da die Patientinnen das Honorar in der Erwartung einer rechtmäßigen Behandlung bezahlten, ist eine Einziehung des Honorars nicht möglich.

Eine Einziehung der Arzthonorare war daher nicht möglich; die Freiheitsstrafe und das Berufsverbot blieben hingegen bestehen.

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