
Arbeiten trotz AU: Was erlaubt ist – und was nicht
Geht es um Krankschreibungen, halten sich Mythen und Irrtümer hartnäckig. Wann muss ich wieder zur Arbeit, wenn ich mich fit fühle oder wenn die Krankschreibung endet? Unsicherheit beherrscht den Umgang mit dieser und weiteren Fragen. Nadine Ettling, Fachanwältin für Medizinrecht, erklärt, was Ärztinnen und Ärzte dazu wissen sollten.
Lesedauer: ca. 2 Minuten

Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Kanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht.
Autorin: Nadine Ettling | Redaktion: Sebastian Schmidt
Viele Mythen ranken sich um die landläufig "Krankschreibung" genannte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Antworten gibt das Arbeitsrecht. Es regelt, wann angestellte Ärztinnen und Ärzte wieder zur Arbeit müssen und ebenso, welche Pflichten arbeitgebende Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber gegenüber ihrem Team haben.
Wieder gesund? Kein Grund mehr daheim zu bleiben
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestätigt, dass Menschen infolge einer Krankheit arbeitsunfähig sind. Allerdings geht aus ihr nicht unbedingt hervor, dass die Krankheit bis zum Ende des vom Arzt oder der Ärztin angegebenen Zeitraums auch besteht bzw. bestehen wird. Es handelt sich dabei lediglich um eine Schätzung und Empfehlung.
Fühlt sich die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter bereits vor Ablauf des Zeitraums genesen und stehen keine medizinischen Gründe entgegen, ist die Arbeitstätigkeit wiederaufzunehmen. Und das gilt auch, wenn der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch nicht abgelaufen ist. In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist somit kein bindendes Berufsverbot zu erblicken.
Im Übrigen existiert kein Erfordernis der Gesundschreibung, welche vor Wiederaufnahme der Arbeit eingeholt werden müsste.
Wer arbeitet ist abgesichert
Nehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ablauf des Zeitraums der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Arbeitsleistung wieder auf, entstehen weder für Arbeitnehmer- noch für Arbeitgeberseite Nachteile. Das bedeutet konkret: Die Arbeitsleistung ist ungeachtet der noch existierenden Krankschreibung gesetzlich sozial- und unfallversichert.
Über die Autorin

Nadine Ettling ist Fachanwältin für Medizinrecht bei der Anwaltskanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht. Die Kanzlei hat sich ausschließlich auf die Beratung medizinischer Leistungserbringer und Industrieunternehmen aus der Gesundheitsbranche spezialisiert.
Sorgfaltspflicht kann Annahme der Arbeitsleistung aushebeln
Aus dem geschlossenen Arbeitsvertrag erwachsen für die Vertragsparteien Nebenpflichten. Diese sind insbesondere mit Blick auf die Interessen der jeweiligen anderen Vertragspartei einzuhalten. So trifft Mitarbeitende eine Sorgfaltspflicht, die Arbeit bei anhaltenden Krankheitssymptomen nicht wiederaufzunehmen und den weiteren Zeitraum der Krankschreibung zur Genesung wahrzunehmen. Auch sind sie verpflichtet, auf die Genesung hinzuwirken und sich entsprechend zu verhalten.
Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber trifft eine Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die anderen Mitglieder des Praxisteams. Um dieser Pflicht nachzukommen kann es erforderlich sein, dass kranke, aber arbeitswillige Teammitglieder wieder nach Hause geschickt werden.
Fazit: Wer gesund ist, kann arbeiten
Grundsätzlich gilt: Wer gesund ist, kann arbeiten. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung macht nicht krank. Gesund ist man nicht mit Ablauf der Bescheinigung, sondern wenn man sich gesund fühlt. Um in der Praxis Unsicherheiten zu vermeiden, lohnt es also, diese Thematik im Gespräch mit dem ganzen Team anzusprechen und über maßgebliche Grundsätze zu informieren.