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Leben als Arzt

15. Dez. 2022
Was tust Du Dir heute Gutes?

6 Evidenzbasierte Tools zur Stressreduktion

Es wird viel über Erschöpfung und Depressionen in der Ärzteschaft gesprochen. Auch die Anzahl der betroffenen Kolleginnen und Kollegen wird genannt, die jedes Jahr ansteigt. Hier finden Sie eine Auswahl hilfreicher Tools, die man ohne eine komplizierte Anleitung selbst anwenden kann.

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Gestresster Mann
"Man fühlt sich müde, aber auch irgendwie hellwach..." (Foto: © Getty Images / Westend61)

Autorin: Lilith Schreiber | Redaktion: Marina Urbanietz

Die Nacht auf Montagmorgen. Wer kennt sie nicht? Schlecht in den Schlaf kommend, ist an durchschlafen meistens nicht zu denken. Der Wecker klingelt erbarmungslos und viel zu früh. Das Herz schlägt schnell auf dem Weg zur Klinik, nahezu tachykard. Man fühlt sich müde, aber auch irgendwie hellwach.

Über die Autorin

Lilith Schreiber
(Foto: privat)
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Lilith Schreiber lebt an der Ostseeküste. Nach einem kurzen Exkurs ins Ruhrgebiet studierte sie Medizin in Halle an der Saale. Nach zwei Jahren als Assistenzärztin für Psychiatrie und Psychotherapie hat sie ihren Weg in der Augenheilkunde gefunden. Sie genießt gute Bücher und ist begeisterte Surferin.

Da wir ja eine helfende Profession sind, könnte man sich die Frage nun stellen, wie wir uns selber in solchen Phasen des Lebens helfen können – bei „Stress“, bei Überaktivierung unseres sympathischen Nervensystems? Hier möchte ich Euch einen Überblick über evidenzbasierte Tools zur Stressreduktion empfehlen, welche ohne komplizierte Anleitung angewendet werden können. Denn wie sollen wir anderen helfen, wenn wir selbst ausgelaugt, gestresst und nicht bei der Sache sind?

Die Auswahl der Techniken zur Stressreduktion basiert vor allem auf dieser schönen Arbeit von Varvogli et Darviri (2011).

1. Progressive Muskelrelaxation

Progressive Muskelentspannung (PMR) ist eine Technik zum Abbau von Stress und Angst durch abwechselndes Anspannen und Entspannen der Muskeln (Pawlow L. A., Jones, G. E., 2002). Es wurde Anfang der 1920er Jahre von Edmund Jacobson entwickelt. Jacobson argumentierte, dass man Angst reduzieren kann, indem man lernt, wie man die eigenen Muskeln entspannt, da Muskelanspannung mit Angst einhergeht. Ein paar gute Übungen finden Sie in diesem YouTube-Video.

2. Autogenes Training

Autogenes Training (AT) ist ein Selbstentspannungsverfahren, bei dem eine psychophysiologisch bedingte Entspannungsreaktion ausgelöst wird. Diese Entspannungstechnik wurde von Johannes Heinrich Schultz (Stetter et al., 2002) entwickelt. AT zielt darauf ab, eine tiefe Entspannung zu erreichen und Stress abzubauen. In diesem Video auf YouTube finden Sie eine gute, selbsterklärende Anleitung.

3. Visualisierungstechniken

Visualisierungstechniken sind kein neuer Ansatz, sie sind in indigenen Nationen, im Hinduismus, in jüdisch-christlichen und anderen religiösen Traditionen sowie in der traditionellen chinesischen Medizin gut etabliert (Weigensberg et al., 2002; Wind et al., 2006). Klassischerweise werden „Traumreisen“ oder „Der sichere Ort“ für eine Visualisierung genutzt und teils als Elemente einer psychotherapeutischen Traumatherapie zur Stabilisierung genutzt. Gute Anleitung für eine Reise in den inneren sicheren Ort findet man unter anderem in diesem Video.

4. Atmungstechniken

Ja, wirklich. Insbesondere „langsame“ Atmungstechniken sind an dieser Stelle relevant. Deren Haupteffekte umfassen die Aktivitätsregulation des autonomen und zentralen Nervensystems, welche zu erhöhtem Wohlbefinden und mehr Entspannung führen sollen (Zaccaro et al., 2018). Ein klassisches Beispiel wäre hier die 4-7-8-Methode (siehe Link). Es wird sogar diskutiert, ob die Stressreduktion im Rahmen von Singen oder Schwimmen durch Atemfrequenzreduktion entseht.

5. Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion

Schon Mal achtsam ein Stück Schokolade gegessen? Achtsamkeitsbasierte Stresstechniken gehen davon aus, dass ein größeres Bewusstsein für das Hier und Jetzt zu einer klareren und genaueren Wahrnehmung führt, affektive Symptome stabilisiert und Energie sowie eigene Resilienz verbessert (Chiesa et al., 2010; Hoffmann et al., 2010). Achtsamkeits-Meditationsprogramme wiesen nach Goyal et al. (2014) eine mäßige Assoziation mit Verbesserung der Angstzustände, Depressionen auf sowie geringe Hinweise auf eine Verbesserung der stressbezogenen Lebensqualität. Hier gibt es schöne Tipps (ohne Esoterik), wie man den eigenen Alltag besser achtsam gestaltet.

6. Sport und Bewegung

Sport tut gut. Regelmäßige Bewegung ist mit einer Reduktion von negativen emotionalen Folgen von Stress assoziiert (Childs und de Wit, 2014). Bewegung kann ein effektiver Bestandteil eines Stressbewältigungsprogramms sein (Jackson et al., 2014). Warum nicht mal ein bisschen Bewegung zwischen zwei Sprechstunden einbauen? Mein persönlicher Favorit ist dieses 5-minütige Workout.

In ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich nicht belegt…

…waren Kaltwasserimmersion, Singen und Tanzen – auch wenn sicherlich schöne Beschäftigungen –, „Tapping“ (siehe Bakker et al., 2013) sowie Darmkuren und Detoxe, Kräutertinkturen oder „einfach mal positiv denken“.

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