Eine ungewöhnliche Ursache für akute Brustschmerzen
Eine Patientin in den 50ern klagte über akut aufgetretene Brustschmerzen, die in die linke
Schulter und in den Rücken ausstrahlten und von Kurzatmigkeit und Schweißausbrüchen
begleitet waren. Das EKG zeigte eine ST-Streckenhebung, der fehlende Troponin-Anstieg
ließ aber Zweifel an der Diagnose eines Herzinfarktes aufkommen.1
Lesedauer: ca. 2 Minuten

Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Dr. Nina Mörsch
Anamnestisch war bei der Patientin ein schlecht kontrollierter Hypertonus bekannt, außerdem war sie starke Raucherin. Bei der Aufnahmeuntersuchung fiel ein ausgeprägter Blutdruckunterschied zwischen beiden Armen (rechts 185/104, links 113/98 mmHg) und ein diastolisches Geräusch über der Aorta auf. Es lag eine Sinusbradykardie vor (Herzfrequenz 58 Schläge/min), die Sauerstoffsättigung lag bei unauffälligen Lungen bei 98 %. Der Troponinwert war normal, die D-Dimer-Spiegel waren aber mit 3.914 µg/ml (Normalwert, 0-0,3 μg/ml) deutlich erhöht.
Zweifel an typischem STEMI
Dies ließ Yanmei Song von der Tianyin Medical University in China und ihr Team an der Diagnose eines typischen ST-Hebungsinfarktes (STEMI) zweifeln. Vor allem aufgrund des Blutdruckunterschiedes, der starken Schmerzausstrahlung in den Rücken und der erhöhten D-Dimere vermuteten sie eine Aortendissektion und veranlassten ein sofortige Kontrastmittel-gestütztes CT-Angiogramm der Aorta. Hier zeigte sich dann tatsächlich eine akute Aortendissektion Stanford Typ A, die vom Aortensinus bis zur rechen A. iliaca communis reichte und die Ostien der linken und rechten Koronararterie miteinschloss. Die Patientin wurde operiert, verstarb aber 2 Tage nach dem Eingriff.
Differenzialdiagnosen bei akutem Brustschmerz
Zu den möglichen Differenzialdiagnosen bei akutem Brustschmerz gehören vor allem
- Lungenembolie,
- akutes Koronarsyndrom und
- akute Aortensyndrome (AAS) wie akute Aortendissektion (AAD), intramurale Hämatome und penetrierende atherosklerotische Ulzera. Typisch für die AAD ist die u.a. die Schmerzausstrahlung in den Rücken, weshalb man bei akuten Rückenschmerzen auch an diese Möglichkeit denken sollte.
Der akute Myokardinfarkt ist die häufigste, aber nicht die einzige Ursache einer ST-Hebung. Auch Typ A-AAD, frühe Repolarisation, linksventrikuläre Hypertrophie, Linksschenkelblock, akute Perikarditis, Hyperkaliämie, Ionenkanalerkrankungen (Brugada-Syndrom) und Lungenembolie führen zu ST-Hebungen im EKG. ST-Strecken Veränderungen im EKG findet man relativ häufig bei Typ-A-AAD, da hier auch die Koronarostien beteiligt sein können. Ein STE-Muster im EKG bei normalen Troponinwerten und in den Rücken ausstrahlenden Schmerzen sollte immer an eine Typ-1-AAD denken lassen, schreibt das Autorenteam.
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