
Fehler im Notdienst: Arzt nach Routineeinsatz zu Schmerzensgeld verurteilt
Unspezifische Symptome erschweren die ohnehin schon herausfordernde Diagnosestellung einer Malaria-Erkrankung. Eine Fehldiagnose kann jedoch rechtliche Konsequenzen für den behandelnden Arzt haben, wie ein aktueller Fall des Frankfurter Oberlandesgerichts nun gezeigt hat.
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Der folgende Beitrag basiert auf einem aktuellen Gerichtsurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt (Az.: 8 U 228/11) 1 und wurde für Sie von Marina Urbanietz zusammengefasst.
Bereitschaftsarzt um Mitternacht ins Hotelzimmer gerufen
Ein niedergelassener Arzt wird im Bereitschaftsdienst spät nachts in ein Hotel gerufen. Die aus Großbritannien stammende 35-jährige Patientin klagt über Fieber (38,5°C), schweren Durchfall und Herzrasen (124 Schläge/Minute). Laut eigener Aussage teilt sie dem Arzt mit, sich zuvor im südlichen Afrika aufgehalten zu haben. Nach der körperlichen Untersuchung diagnostiziert der diensthabende Bereitschaftsarzt einen gastrointestinalen Infekt und verabreicht der 35-Jährigen Paracetamol.
Malaria tropica & Hirnödem: Spätfolgen führen zu Berufsunfähigkeit
In den folgenden Stunden verschlechtert sich jedoch der Zustand der Patientin rasch: Am nächsten Morgen wird sie vom Hotelpersonal bewusstlos im Bett aufgefunden. Die 35-Jährige wird zunächst notärztlich und dann intensivmedizinisch versorgt.
Im weiteren Behandlungsverlauf in der Klinik diagnostizieren die Ärzte Malaria tropica mit zerebraler Beteiligung, ein Exanthem der oberen Thoraxhälfte, ein Hirnödem und zerebrale Krampfanfälle. Die Patientin fällt zeitweilig ins Koma. Nach Behandlungsende leidet die Frau unter starken Beeinträchtigungen der Sehfähigkeiten und kann ihre berufliche Tätigkeit im Bereich des Veranstaltungsmanagements nicht mehr ausüben.
Gericht stellt Diagnose- und Behandlungsfehler fest
Die Patientin verklagt den niedergelassenen Arzt auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in einer Gesamthöhe von über 110.000 Euro. Das Oberlandesgericht Frankfurt stellt sowohl einen Diagnosefehler, als auch einen Behandlungsfehler im Sinne einer unterlassenen therapeutischen Aufklärung fest und spricht der Patientin 35.000 Euro Schmerzensgeld sowie die Zahlung eines materiellen Schadensersatzes in Höhe von über 10.000 Euro zu.
Die Begründung des Urteils
Ob die Patienten dem Arzt in jener Nacht tatsächlich mittgeteilt hatte, dass sie kurz zuvor gemeinsam mit Ihrem Verlobten eine Reise nach Afrika unternommen hatte, bleibt weiterhin unklar. Der Arzt behauptet weiterhin, die Patientin habe ihm davon nichts erzählt und der Verdacht auf Malaria sei nicht naheliegend gewesen. Er sei zudem nicht in der Lage gewesen, eine Blutuntersuchung vorzunehmen.
Das Gericht stellt fest, dass der Arzt den genauen Aufenthaltsort der Patientin im Ausland hätte erfragen müssen. Auch sei dem Beklagten darüber hinaus ein Behandlungsfehler durch seine mangelnde therapeutische Aufklärung unterlaufen, denn er hätte dafür sorgen müssen, dass die Klägerin einer weiteren Untersuchung zugeführt wird.
Was bedeutet dieses Urteil für den ärztlichen Alltag?
Die Entscheidung des Oberlandesgericht Frankfurt bedeutet, dass bei einem vorangegangenen Aufenthalt im außereuropäischen Ausland immer die Möglichkeit einer importierten Infektionserkrankung besteht und in Betracht gezogen werden muss.
Seit 2014 steigt die Zahl der in Deutschland gemeldeten Malaria-Fälle stark an. Gebiete mit hohem Malaria-Risiko sind im jüngsten RKI-Bericht Nigeria, Eritrea, Ghana, Kamerun und Togo. Allerdings auch bei Aufenthalten in Asien und Amerika sollte stets an eine Malaria-Erkrankung gedacht werden.
In unserem Beitrag “Malaria: RKI-Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie” finden Sie alle wichtigen Informationen zu Malaria-Erkrankungen.