Titelbild von Klinik-Wissen kompakt
Logo von Klinik-Wissen kompakt

Klinik-Wissen kompakt

19. Apr. 2023
Schweres Trauma

„STOP“-Kriterien sagen sicheren Tod voraus

Bei einem Trauma mit infauster Prognose erreichen Patienten mitunter zwar noch lebend die Klinik, versterben aber dann letztlich doch – nachdem für ihre Versorgung viele der ohnehin raren Ressourcen verbraucht wurden. Ein Team um Jan-Michael Van Gent vom University of Texas Health Science Center hat in einer retrospektiven Studie „STOP-Kriterien“ entwickelt, die bei Klinikankunft sicher auf den bevorstehenden unvermeidbaren Tod hinweisen.1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Emergency
Welche Traumapatienten sterben mit 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit? US-Forschende haben hierfür STOP-Kriterien entwickelt. (Foto: Getty Images | sshepard)

Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Dr. Nina Mörsch

Wesentliche Verbesserungen im Rettungsdienst wie etwa schnellere Transportzeiten von Patientinnen und -patienten sowie schnellerer Zugang zu chirurgischen Eingriffen haben in den letzten 10 Jahren die Überlebensraten von traumatisch Verletzten verbessert.

Die Konsequenz dieser Erfolge hat jedoch dazu geführt, dass auch Patienten mit nicht überlebensfähigen Verletzungen noch lebend die Klinik erreichen und diese trotz unsicherer Prognose noch behandelt werden. Die dabei verbrauchten Mengen an Ressourcen, wie etwa Blutprodukte, sind mitunter enorm.

Ziel der Forschergruppe um Van Gent war es daher, Grenzwerte zu ermitteln, die in der frühen Phase der Wiederbelebung verfügbar sind und mit deren Hilfe mit absoluter Sicherheit der Tod der Verletzten vorhersagt werden kann.

Daten von von 9.509 Traumapatientinnen und -patienten

Zu diesem Zweck analysierten die Wissenschaftler Daten von 9.509 Trauma-Patienten (75 % Männer) mit überwiegend stumpften Verletzungsmechanismen und einer Mortalität von insgesamt 17 %.

Validiert wurden die Ergebnisse anhand von zwei weiteren Kohorten von 2.137 und 680 Trauma-Patienten mit Sterberaten von jeweils 24 %. Die Forschenden suchten nach Parameterkonstellationen mit einem positiven Vorhersagewert für das Eintreten des Todes von 100 %.

Vorhersage des Todes: Die wichtigsten Parameter

Als wichtige Parameter für die Vorhersage des Todes erwiesen sich

  • systolischer Blutdruck (SBP)
  • Thrombelastografie (Lyseindex 30 min nach der maximalen Amplitude der Gerinnselfestigkeit - LI-30)
  • Laktatwert
  • Rückkehr der Spontanzirkulation (ROSC) und der
  • Glasgow-Coma-Score (GCS)

STOP-Kriterien

Folgende Konstellationen kristallisierten sich als „STOP“-Kriterien heraus, bei denen wegen der infausten Prognose keine weiteren Transfusionen und andere Maßnahmen mehr erfolgen sollten (STOP für „Suspension of Transfusions and Other Procedures“):

  • SBP bei Ankunft ≤ 50 mmHg, LI-30 ≥ 30 Prozent
  • SBP bei Ankunft ≤ 50 mmHg, Laktat ≥ 15 mmol/l
  • SBP bei Ankunft ≤ 70 mmHg, Laktat ≥ 15 mmol/l, LI-30 ≥ 30 Prozent
  • ROSC, LI-30 ≥ 30 Prozent
  • ROSC, Laktat ≥ 12 mmol/l
  • ROSC, GCS = 3 am Erstversorgungsort.

Von den Patientinnen und Patienten, die mindestens eines dieser Kriterien mit einer hundertprozentigen Mortalität erfüllten, hatte jeder zehnte vor seinem Tod mehr als 10 Blutprodukte transfundiert bekommen. 

Limitationen

Als Limitationen der Studie nennt das Autoren-Team u.a. den Ausschluss von Patienten, die innerhalb der ersten 30 Minuten auf der Notaufnahme verstarben und von denen daher zumeist keine Laborwerte vorlagen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass es sich um Regionen mit exzellenter präklinischer Versorgung und sofortigem Zugang zu Blutprodukten handelte.

Quellen anzeigen
Impressum anzeigen