Vitamin-C kann intensivpflichtigen Patienten schaden
Die Prognose von Patientinnen und Patienten mit lebensgefährlicher Sepsis konnte laut einer aktuellen Studie durch hochdosiertes Vitamin C nicht verbessert werden. Bei den Betroffenen kam es sogar häufiger zu Organfunktionsstörungen oder Tod.1
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Redaktion: Dr. Linda Fischer
Warum Vitamin C bei Sepsis?
Bei Sepsis könnte die antioxidative Wirkung von Vitamin C die durch oxidativen Stress verursachte Gewebeschädigung abschwächen. Das Vitamin kann vom Menschen nicht synthetisiert werden, und der Vitamin C-Spiegel ist bei vielen kritisch kranken Patientinnen und Patienten niedrig. Eine entsprechende Supplementierung könnte also von Nutzen für die Betroffenen sein.1,2
Bisher wenig überzeugende Ergebnisse
Bisher veröffentlichte Studien zu dem Einsatz von intravenösem Vitamin C bei Erwachsenen mit Sepsis auf der Intensivstation, die eine Kreislaufunterstützung durch Vasopressoren erhalten, zeigten gemischte Ergebnisse in Bezug auf das Risiko von Tod und Organfunktionsstörungen.1
Neue Studie zeigt keinen Nutzen
Jüngst veröffentlichte Ergebnisse einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie (NCT03680274) zeigen nun, dass bei Erwachsenen mit Sepsis, die auf der Intensivstation eine vasopressorische Therapie und intravenöses Vitamin C erhielten, nach 28 Tagen einem höheren Risiko für Tod oder anhaltende Organfunktionsstörungen unterlagen, im Vergleich zu Placebo.1,2
Das Design der Studie
In die vorliegende Studie schlossen Erstautor Francois Lamontagne von der Université de Sherbrooke in Quebec und seine Kolleginnen und Kollegen Erwachsene ein, die nicht länger als 24 Stunden auf der Intensivstation lagen und bei denen eine nachgewiesene oder vermutete Infektion als Hauptdiagnose vorlag. Zudem erhielten sie eine Kreislaufunterstützung durch Vasopressoren und Infusionen entweder mit
- Vitamin C (50 mg/kg Körpergewicht) über 30-60 Minuten alle 6 Stunden über einen Zeitraum von maximal 96 Stunden, oder
- einem entsprechenden Placebo (Dextrose 5 % in Wasser oder normale Kochsalzlösung).
Der primäre Endpunkt war Tod oder anhaltende Organfunktionsstörungen an Tag 28.
Mehr Todesfälle und Organfunktionsstörungen bei Vitamin C
Der primäre Endpunkt trat bei 191 der insgesamt 429 Personen (44,5 %) in der Vitamin C-Gruppe und bei 167 der insgesamt 434 Personen (38,5 %) in der Kontrollgruppe auf (Risikoverhältnis 1,21; 95 % Konfidenzintervall KI, 1,04–1,40; p = 0,01).
Nach 28 Tagen waren in der Vitamin C-Gruppe 152 Patientinnen und Patienten (35,4 %) verstorben. In der Placebogruppe waren es 137 (31,6 %) (Risikoverhältnis, 1,17; 95 % KI, 0,98–1,40). Anhaltende Organfunktionsstörungen trat bei 39 (9,1 %) bzw. 30 Patientinnen und Patienten (6,9 %) in der Vitamin C- bzw. Kontrollgruppe auf (Risikoverhältnis, 1,30; 95 % KI, 0,83 bis 2,05).
Bezüglich Scores für Organfunktionsstörungen, Biomarker, 6-Monats-Überleben, gesundheitsbezogene Lebensqualität, akute Nierenschädigung im Stadium 3 und hypoglykämische Episoden fanden die Forscherinnen und Forscher in den beiden Gruppen ähnliche Befunde. In der Vitamin C-Gruppe kam es in einem Fall zu einer schweren Hypoglykämie und in einem anderen Fall zu einer schweren Anaphylaxie.
Einschränkungen der Studie
Die Studie weist einige Einschränkungen auf: Zum einen wurden keine Informationen über spezifische Krankheitserreger und die Angemessenheit der antimikrobiellen Therapie erhoben. Systematische Unterschiede in der Behandlung nach der Randomisierung sind jedoch in verblindeten Studien weniger wahrscheinlich, schreiben die Autorinnen und Autoren der vorliegenden Studie.
Außerdem wurden zu Studienbeginn keine Informationen zur Feststellung des Vorliegens eines akuten Atemnotsyndroms erhoben, so dass unklar bleibt, ob diese Untergruppe anders auf Vitamin C reagiert hat.1