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Klinik-Wissen kompakt

16. Aug. 2022

Sepsis: Schnellere Antibiotikatherapie möglich

Einige Fachleute warnen davor, dass eine (zu) schnelle Verabreichung von Antibiotika bei Sepsis den Gesamtgebrauch an antimikrobiellen Mitteln auch bei Patientinnen und Patienten ohne Sepsis erhöhen könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie ein Forschungsteam in einer aktuellen in JAMA Internal Medicine veröffentlichten Studie zeigt.1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

IV Tropf im Krankenhauskorridor

Autorin: Dr. Linda Fischer

In der vorliegenden großen US-amerikanischen krankenhausübergreifenden Kohortenstudie nahm die Zeit bis zur ersten antimikrobiellen Behandlung bei Menschen mit Sepsis zwischen 2013 und 2018 ab. Dieser Trend war weder mit einem zunehmenden Einsatz von Antibiotika verbunden noch mit mehr Therapietagen oder der Breite der antibiotischen Abdeckung bei Patientinnen und Patienten mit Sepsis und Personen mit Sepsis-Risiko.

Dies deutet laut Autorinnen und Autoren der Studie darauf hin, dass eine verkürzte Zeit bis zur Verabreichung antimikrobieller Mittel bei Sepsis möglich ist und nicht unbedingt zu einem „wahllosen Einsatz von Antibiotika führt“.

Das Design der Studie

Die Beobachtungsstudie umfasste Patientinnen und Patienten, die zwischen den Jahren 2013 und 2018 über die Notaufnahme in eines von 152 Krankenhäusern eingewiesen wurden. Sie erfüllten mindestens 2 Kriterien für ein systemisches inflammatorisches Response-Syndrom (systemic inflammatory response syndrome, SIRS). Die Datenanalyse erfolgte von Juni 2021 bis März 2022.

Zeit bis zur Antibiotikagabe bei Sepsis verringerte sich

Von den insgesamt 1.559.523 Patientinnen und Patienten (1.269.998 bzw. 81,4 % männlich; mittleres Alter 67 Jahre) erfüllten 273.255 (17,5 %) objektive Kriterien für eine Sepsis. Die mediane Zeit bis zur ersten Gabe eines Antibiotikums nahm bei den Patientinnen und Patienten mit Sepsis um 37 Minuten ab, von 4,7 (4,1–5,3) Stunden im Jahr 2013 auf 3,9 (3,6–4,4) Stunden im Jahr 2018. Der Grad des Rückgangs variierte dabei von Krankenhaus zu Krankenhaus.

Im selben Zeitraum sank sowohl der Einsatz von Antibiotika innerhalb von 48 Stunden als auch die Anzahl an Tagen der Antibiotikatherapie und der Einsatz von Breitband-Antibiotika über die gesamte Kohorte.

Sterblichkeit sank ihn beiden Gruppen

Sowohl die Sterblichkeit im Krankenhaus als auch die 30-Tage-Sterblichkeit, die Dauer des Krankenhausaufenthalts, und die Nachweise an neuen multiresistenten Erregern in Blutkultur nahmen bei Patientinnen und Patienten mit Sepsis und bei Menschen mit SIRS ab.

Insgesamt gab es keine Hinweise darauf, dass eine beschleunigte antimikrobielle Behandlung bei Sepsis mit einem erhöhten Gebrauch von Antibiotika oder mit einer Beeinträchtigung des Antibiotic Stewardship verbunden war.

Einschränkungen der Studie

Obwohl die Forscherinnen und Forscher in der untersuchten Kohorte keine Hinweise dafür fanden, dass eine schnellere Antibiotikagabe bei Sepsis mit einer höheren antimikrobiellen Exposition verbunden war, kann nicht ausgeschlossen werden, dass in einigen Krankenhäusern solche Effekte auftreten könnten.

Zudem waren die Veränderungen bei der Verschreibung antimikrobieller Mittel im Laufe der Zeit nur geringfügig. Unabhängig davon zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass die beschleunigte antimikrobielle Behandlung bei Sepsis nicht mit einer erhöhten Exposition gegenüber antimikrobiellen Mitteln verbunden war.

Die Auswertung einer Kohorte mit SIRS-Kriterien hat zwar den Vorteil, dass diese Kriterien üblicherweise für die Beurteilung von Infektionen verwendet werden und eine höhere Sensitivität für Infektionen aufweisen als andere Kriterien. Allerdings erfassen sie nicht das gesamte Ausmaß des Einsatzes antimikrobieller Mittel.

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