Notfall-Laparotomie: Aussichtslose Eingriffe vermeiden
Stirbt ein Patient unmittelbar nach einer Notoperation, stellt sich die Frage, ob der Eingriff nicht möglicherweise von vornherein aussichtslos war und vermieden hätte können. Chirurgen aus Kolumbien haben jetzt untersucht, welche Faktoren bei Notfall-Laparotomien mit einer besonders hohen Mortalität einhergehen.1
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Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Dr. Nina Mörsch
Bei vielen älteren kranken Menschen wird in den Tagen vor ihrem Tod noch eine Operation durchgeführt, obwohl sich dadurch weder die Überlebenschancen erhöhen noch die Lebensqualität verbessert. Dies bindet nicht nur unnötig Ressourcen, es weckt auch bei den Betroffenen und ihren Angehörigen unter Umständen falsche Hoffnungen
Um so etwas in Zukunft zu vermeiden, untersuchten die Forschenden um Dr. Camilo Ramírez-Giraldo vom Hospital Universitario Mayor sowie der Universidad del Rosario in Bogotá und seine Kolleginnen und Kollegen die Sterblichkeit in einer Kohorte von Patientinnen und Patienten, die sich einer Notfall-Laparotomie mit einem Mortalitätsrisiko von ≥ 75 % (gemäß dem American College of Surgeons National Surgical Quality Improvement Program Surgical Risk Calculator) unterziehen mussten.
Unter 18-Jährige, wiederholte Interventionen und Traumapatienten waren ausgeschlossen. Am häufigsten wurden die Eingriffe wegen mesenterialer Ischämie 21 (42 %) und Peritonitis 18 (36 %) durchgeführt.
50 solcher Notfalloperationen zwischen Januar 2018 und Dezember 2021 gingen in die Auswertung ein. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 82,5 Jahren, zwei Drittel waren männlich. Nur 4 der 50 Operierten überlebten den Eingriff länger als 30 Tage, entsprechend einer Mortalität von 92 %. Von den 46 Todesfällen verstarb über die Hälfte (54 %) in den ersten 24 Stunden.
Risikofaktoren für eine erhöhte Sterblichkeit
Eine höhere Sterblichkeit war mit
- einem höherem BMI,
- höherer präoperativer Gabe von Vasopressoren und
- höherem Bedarf an mechanischer Beatmung assoziiert, sowie
- mit höheren SOFA- und APACHE-II-Scores und
- niedrigeren Glasgow-Skala- und Fragilitätsindex-Scores.
Ein erhöhtes Risiko, bereits in den ersten 24 Stunden zu versterben, hatten Patientinnen und Patienten, deren Zustand sich bereits präoperativ stark verschlechtert hatte (höhere Raten an vasopressorischer Unterstützung, mechanischer Beatmung, metabolischer Azidose und Hyperlaktatämie). Diese Variablen gehen mit schlechteren Werten in den verwendeten Skalen (SOFA, APACHE II, CELIOtomy score oder Glasgow) einher.
Limitationen der Studie
Die Autoren nennen folgende Einschränkungen: So wurden nur Patientinnen und Patienten erfasst, die sich einer Operation unterzogen haben, während Daten von Patienten, die aufgrund des hohen Risikos nicht operiert wurden, nicht analysiert wurden. Auch umfasste die Studie keine Analyse der Sterblichkeit und keinen Vergleich von Patienten mit einem Risiko von weniger als 75 % gemäß dem ACS NSQIP Surgical Risk Calculator, bei dem auch aussichtslose Verfahren gefunden werden könnten. Hinzu kommen der retrospektive Charakter und die begrenzte Stichprobe der Studie.
Fazit der Forschenden
Die Ergebnisse können bei der Entscheidung helfen, ob Patientinnen und Patienten von einem chirurgischen Eingriff profitieren, so Ramírez-Giraldo und sein Team.
Und da die Entscheidung, keine Operation durchzuführen, immer schwierig ist, sollte sie auf soliden Daten und nicht nur auf der Erfahrung und Meinung der Operierenden beruhen, auch wenn diese wertvoll sind: Auch andere klinische Variablen und der Wunsch von Patientinnen und Patienten und Angehörigen sollen berücksichtigt werden, um sinnlose Eingriffe zu vermeiden, schreiben die Autoren.