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Klinik-Wissen kompakt

19. Apr. 2019

Nachtschichten in der Schwangerschaft erhöhen Risiko für Fehlgeburten

Nachschichten können bei schwangeren Frauen das Risiko einer Fehlgeburt erhöhen. Dies legen die Ergebnisse einer landesweiten Kohortenstudie aus Dänemark nahe. 1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

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Zusammenhang schon länger vermutet…

Bereits in mehreren Beobachtungsstudien wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen Nachschichten in der Schwangerschaft und einer erhöhten Rate an Fehlgeburten gezeigt. Dies hat sich auch in Tierexperimenten bestätigt: Bei trächtigen Mäusen führte ein Schlafentzug durch Lichtexposition zu einer deutlich reduzierten Rate an erfolgreichen Schwangerschaften. Ohne Beeinflussung des circadianen Rhythmus lag die Rate an erfolgreichen Schwangerschaften bei 90 %, bei einer verzögerten Nachtphase war sie um 50 % und bei einer vorgezogenen Phase um 22 % reduziert. 2, 3

Luise Moelenberg Begtrup vom Bispebjerg og Frederiksberg Hospital in Kopenhagen und Mitarbeiter haben jetzt in einer epidemiologischen Studie 1 untersucht, ob Nachtarbeit auch beim Menschen den Erfolg einer Schwangerschaft gefährdet. Dazu werteten sie die Gehaltsabrechnungen von 22.744 schwangeren dänischen Frauen aus, die im Krankenhaus als Pflegerin oder Ärztin arbeiteten. Insgesamt konnten 377.896 Schwangerschaftswochen ausgewertet werden (im Mittel 19,7 pro Schwangerer). In den Abrechnungen dieser Angestellten werden alle Nachtschichten angegeben, da sie den Lohn beeinflussen. Die Daten wurden dann mit dem dänischen Geburtsregister in Beziehung gesetzt, das Fehlgeburten erfasst, sofern sie zu einer Behandlung im Krankenhaus führen.

… und nun bestätigt

Das Ergebnis war eindeutig: Ab der achten Schwangerschaftswoche kam es zu 32 % mehr Fehlgeburten, wenn die Frauen in der Woche zuvor zwei oder mehr Nachtschichten absolviert hatten. Die Hazard Ratio (HR) von 1,32 war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,07 bis 1,62 statistisch signifikant.

Auch eine Dosis-Wirkungs-Beziehung war ersichtlich: Mit der Zahl an Nachtschichten in der 3. bis 21. Schwangerschaftswoche nahm die Zahl an Fehlgeburten linear zu. Frauen, die 26 oder mehr Nachtschichten in der Frühschwangerschaft absolvierten, hatten ein 2,6-fach erhöhtes Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden (adjustierte Hazard Ratio 2,62; 1,30 bis 5,29). Solch eine Dosis-Wirkungsbeziehung in epidemiologischen Studien unterstützt in der Regel die Annahme einer Kausalität.

Sollten die Ergebnisse dieser Studie tatsächlich die Realität widerspiegeln, könnten Nachschichten in der Schwangerschaft für einen nicht unerheblichen Anteil an Fehgeburten verantwortlich sein. Immerhin arbeiten in Europa etwa 14 % aller Frauen hin und wieder auch nachts – in Gesundheitseinrichtungen dürften es wesentlich mehr sein. Nach dem Mutterschutzgesetz war Nachtarbeit für Schwangere in Deutschland generell verboten – seit 2018 ist Nachtarbeit zwischen 20.00 und 22.00 erlaubt.

Quellen
  1. Luise Muelenberg Begtrup et al; Night work and miscarriage: a Danish nationwide register-based cohort study; BMJ Occup Environ Med 2019;76:302-308;
  2. Keith C. Summa et al; Environmental Perturbation of the Circadian Clock Disrupts Pregnancy in the Mouse; PLOS One (2019);
  3. Deutsches Ärzteblatt “Studie: Mehr Fehlgeburten nach Nachtschichten“, 09. April 2019

Titelbild: © istock.com/Vonschonertagen

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