Titelbild von Klinik-Wissen kompakt
Logo von Klinik-Wissen kompakt

Klinik-Wissen kompakt

19. Sep. 2023
Oktoberfest

Mobiler CT-Scanner neben dem Bierzelt hilft bei der Triage von Traumata

Forscher hatten erstmals im Jahr 2022 auf dem Münchener Oktoberfest ein mobiles CT-Gerät installiert. Die Auswertung ergab: Rettungskräfte mussten deutlich weniger Patienten stationär einweisen.

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Mobiler CT-Scanner
Viktoria Bogner-Flatz, Ärztin, steht im Jahr 2022 auf dem Oktoberfest-Gelände kurz vor dem Start des Volksfestes vor einem mobilen CT-Gerät.  (Foto: © picture alliance/dpa | Peter Kneffel)

Autor: Michael van den Heuvel | Redaktion: Marc Fröhling

Seit dem 16. September ist es wieder so weit: Das Münchener Oktoberfest hat seine Zelte geöffnet. Pro Tag besuchen im Schnitt 390.000 Gäste das größte Volksfest der Welt. Für Rettungsdienste ist die „Wies´n“ aufgrund der großen Zahl an Alkohol-Intoxikationen und an Vergiftungen Jahr für Jahr eine Herausforderung.

Um unnötige Überweisungen in die Notaufnahmen von Krankenhäusern wegen leichter traumatischer Hirnverletzungen zu vermeiden, haben die Münchner Rettungsdienste im Jahr 2022 einen mobilen Computertomographen (CT) auf dem Festgelände aufgestellt. Wie Dr. Wilhelm Flatz und Kollegen von der Klinik und Poliklinik für Radiologie, Klinikum de Universität München, jetzt berichten, konnte mit CT-Scans die Zahl an Klinik-Einweisungen aufgrund von Traumata signifikant verringert werden [1].

Jetzt soll die Erfolgsgeschichte in die Fortsetzung gehen. „Ich freue mich, dass wir auch in diesem Jahr einen mobilen Computertomographen auf dem Oktoberfest einsetzen“, sagte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). „Damit können direkt auf dem Gelände der Theresienwiese lebensbedrohliche Verletzungen schnell identifiziert und gleichzeitig die Notfallaufnahmen der Krankenhäuser durch vermeidbare Einweisungen entlastet werden.“ Das hätten „die durchweg positiven Erfahrungen mit dem CT im letzten Jahr gezeigt“.

Betrieb des CT-Scanners auf dem Oktoberfest

2022 stand ein mobiler Siemens-CT-Scanner, der von erfahrenen Technikern und Radiologen bedient wurde, von Montag bis Freitag von 18.00 Uhr bis 2.00 Uhr und von Freitag bis Sonntag von 12.00 Uhr bis 2.00 Uhr zur Verfügung – sprich zu Zeiten mit dem größten Besucher-Ansturm. Rettungsassistenten und Notärzte vor Ort haben mit einem Algorithmus auf Grundlage der New Orleans- und NEXUS-Kriterien gearbeitet.

Die New Orleans-Kriterien bzw. die NEXUS-Kriterien (National Emergency X-Radiography Utilization Study) empfehlen ein CT der Halswirbelsäule u.a. bei:

  • schweren Stürzen oder Unfällen,
  • Verlust des Bewusstseins/Ohnmacht,
  • Nackenschmerzen durch ein Trauma,
  • neurologische Ausfällen oder Symptomen (z. B. Taubheitsgefühl oder Schwäche),
  • Alkohol- oder Drogenintoxikation, die eine genaue Beurteilung des Traumas erschweren.

Auswertung von mehr als 300 CT-Scans

Bei insgesamt 205 Patienten mit Verdacht auf ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma hat das Team 317 Scans durchgeführt: 191 vom Schädel, 67 vom Mittelgesicht und 59 von der Halswirbelsäule.

Von diesen Patienten hatten 11 intrakranielle Blutungen und 23 Mittelgesichtsfrakturen. Verletzungen der Halswirbelsäule kamen in der Kohorte nicht vor. Der mittlere Wert der Glasgow Coma Scale (GCS) lag bei etwa 14. Die Skala umfasst Werte zwischen 3 und 15, wobei niedrigere Werte auf einen schlechteren neurologischen Status hinweisen.

Nach der Untersuchung wurden 17 der 205 Patienten aufgrund ihres CT-Befunde in ein Krankenhaus gebracht. Weitere 14 Patienten wurden aus Gründen überwiesen, die nichts mit dem Trauma selbst zu tun hatten. Sie benötigten etwa aufgrund einer Alkoholintoxikation oder aufgrund anhaltend schlechter GCS-Werte stationäre Therapien.

Weniger Einweisungen in umliegende Krankenhäuser

Während der Münchner Oktoberfeste von 2015 bis 2019 betrug die durchschnittliche Anzahl der Trauma-Patienten, die in örtliche Krankenhäuser eingeliefert wurden, 69,1 pro Tag (95%-Konfidenzintervall [KI] 64,3-73,9). Im Jahr 2022 waren es 62,0 Patienten pro Tag (95%-KI 52,9 bis 71,1) während des Zeitraums, in dem der CT-Scanner vor Ort verfügbar war.

Hier die Details:

Oktoberfeste 2015-2019 ohne CT-Scanner:
Durchschnittliche Einweisungsrate pro Tag
Oktoberfest 2022 mit CT-Scanner:
Durchschnittliche Einweisungsrate pro Tag
Freitag und Samstag137,2 (95%-KI 124,6-149,8)

117,8 (95%-KI 99,3-136,4)

Sonntag bis Donnerstag75,8 (95%-KI 69,4-82,3)

62,9 (95%-KI 49,3-76,5)

„Damit könnte der mobile CT-Scanner, der während der Stoßzeiten auf dem Münchner Oktoberfest eingesetzt wurde, … die Notwendigkeit des Transports ins Krankenhaus und der Einweisung von Personen mit leichtem Schädel-Hirn-Trauma verringert und die Rettungsdienste und Krankenhäuser während dieser einzigartigen Großveranstaltung entlastet haben“, resümieren die Autoren um Dr. Wilhelm Flatz von der LMU München.

Dieser Beitrag ist im Original auf Medscape.com erschienen.

Quellen anzeigen
Impressum anzeigen