Metamizol-Selbstmedikation: erneute Warnungen
Wie kürzlich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte warnt nun auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft vor dem Risiko einer Agranulozytose bei der Behandlung mit Metamizol. Anlass für die Warnung ist die Krankengeschichte eines 37-jährigen Mannes.1,2
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Autor: Dr. Thomas Kron | Redaktion: Dr. Nina Mörsch
Der Patient und seine Vorgeschichte
Der zuvor gesunde Mann hatte sich, wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft berichtet (Deutsches Ärzteblatt) wegen Rückenschmerzen einige Tage mit Metamizol behandelt (genaue Dauer und Dosis sind nicht bekannt) und sich dann wegen Halsschmerzen und starken Schluckbeschwerden in einem Krankenhaus vorgestellt. Dort waren eine ausgeprägte Leukopenie (200/µl) sowie ein Peritonsillarabszess festgestellt worden, der operativ entfernt wurde.
Therapie und Verlauf
Im weiteren Verlauf der Intensivbehandlung traten mehrere Komplikationen auf, etwa ein septischer Schock und eine Critical-Illness-Polyneuropathie. Da die Leukozytenzahl während der Behandlung mit G-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor) nur langsam gestiegen war, wurde eine Knochenmarksbiopsie durchgeführt, die keine Hinweise auf eine bösartige Erkrankung ergab.
Zum Zeitpunkt der Verlegung auf die periphere HNO-Station war die Tetraparese noch vorhanden und die Atmung erfolgte durch die so genannte "feuchte Nase". Die Agranulozytose hatte sich zu diesem Zeitpunkt vollständig gebessert. Zweieinhalb Wochen später konnte der Patient - mobil mit einem Rollator - nach Hause entlassen werden.
Ein weiterer Fall von Metamizol-induzierter Agranulozytose
Ein ähnlicher Fall wurde kürzlich auch von portugiesischen Ärzten berichtet. In diesem Fall ging es um eine 70-jährige Patientin, die wegen Fieber und Schmerzen nach einer Operation mit Metamizol behandelt worden war. Sie kam in die Notaufnahme des Hospital de São Francisco Xavier in Lissabon, weil sie anhaltendes Fieber, Durchfall und schmerzhafte Mundschleimhaut-Geschwüre hatte.
Labortests ergaben laut Erstautorin Rita Carvalho eine Agranulozytose. Die Patientin erhielt drei Tage lang G-CSF und acht Tage lang eine empirische Antibiotikatherapie, die zu einer nachhaltigen klinischen Besserung führte. Die Frau wurde völlig asymptomatisch aus dem Krankenhaus entlassen und blieb während der Nachuntersuchung klinisch stabil, ohne dass die Agranulozytose erneut auftrat.
Diskussion und Empfehlungen
Auf der Grundlage der Anamnese des 37-Jährigen empfiehlt die Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft:
1. Die Patienten sollten über die Warnsymptome der Agranulozytose, wie Fieber, Halsschmerzen und entzündliche Schleimhautläsionen, aufgeklärt werden und dazu angehalten werden, die Einnahme abzubrechen und bei verdächtigen Symptomen umgehend einen Arzt aufzusuchen.
2. Metamizol sollte zu einem späteren Zeitpunkt nicht erneut eigenständig eingenommen oder Reste an Dritte weitergegeben werden.
3. Bei der Verschreibung ist zu bedenken, dass leichte bis mittelstarke Schmerzen wie Zahn-, Kopf- oder Rückenschmerzen keine zugelassene Indikation sind.
Trotz der bekannten Risiken steigen die Verschreibungszahlen für Metamizol stetig an, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Deutschland vor einigen Monaten berichtete. Das Institut nahm dies zum Anlass, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es wichtig ist, die zugelassenen Indikationen, Kontraindikationen, Vorsichtsmaßnahmen und Warnhinweise für Metamizol zu beachten. Bekannte schwerwiegende Nebenwirkungen von Metamizol sind nach Angaben des Bundesinstituts ("Drug Safety Bulletin") :
Außer zu einer Agranulozytose kann es zu einem Blutdruckabfall kommen, insbesondere nach parenteraler Verabreichung. Das Bundesinstitut hat daher nach eigenen Angaben bereits 2009, als die Verordnungszahlen gestiegen sind, auf die Risiken von Metamizol hingewiesen. Seit 2019 ist zudem bekannt, dass Metamizol zu lebensbedrohlichen arzneimittelinduzierten Leberschäden führen kann.
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