
Kommunikation mit Schwerkranken
Beim Überbringen unangenehmer Nachrichten spielt eine vertrauensvolle Beziehung des behandelnden Arztes zu seinem Patienten eine entscheidende Rolle. Da die Diagnose, beispielsweise einer fortgeschrittenen Krebserkrankung, weitreichende Folgen für den Patienten mit sich bringt, ist besonderes Fingerspitzengefühl und Empathie von dem Überbringer der Nachricht gefragt.
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Dieser Beitrag basiert auf dem Vortrag von Dr. med. Uwe Junker, Facharzt für Anästhesiologie, Spezielle Schmerztherapie, Palliativmedizin und Akupunktur, auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2021: „Worte, Bilder und Musik – Kommunikation mit Schwerkranken“. Redaktion: Dr. Linda Fischer
Ruhige Atmosphäre schaffen, auf Augenhöhe kommunizieren
Schwierige Nachrichten, die für das weitere Leben des Patienten einschneidend sein können, sollten möglichst nicht in einem Zimmer mit anderen Patienten überbracht werden. Dies sei nicht immer der Fall, berichtet Dr. med. Uwe Junker anhand von Beispielen aus dem Klinikalltag. Der Raum sollte wohnlich eingerichtet sein und der Arzt auf gleicher Ebene sitzend, mit dem Patienten kommunizieren. Um Unterbrechungen zu vermeiden, empfiehlt Junker, das weitere medizinische Personal vorab zu informieren und darauf zu achten, dass Telefone und Handys konsequent abgeschaltet sind.
Außerdem rät er vor einem solchen Gespräch zu einem „mentalen Händewaschen”. Das heißt, vor dem Gespräch erst einmal zu sich selbst finden, sich vom übrigen Arbeitsstress lösen und überlegen: „Was will und kann ich diesem Patienten sagen? Wie gut kenne ich ihn schon?“
Informationen weder beschönigen noch dramatisieren
Damit der Patient die Nachricht verarbeiten und sich mit ihren Folgen auseinandersetzen kann, empfielt Junker, eine tragfähige, gemeinsame Wirklichkeit angesichts der unheilbaren Erkrankung herzustellen: Der Patient und seine Angehörigen sollten die gleiche Informationsdichte erhalten, die weder beschönigt noch dramatisiert sein darf. Darüber hinaus gilt es, Sachverhalte verständlich zu vermitteln. Auch sollte der Arzt bereit sein, die emotionale Ebene anzusprechen.
Als besonders wichtig hebt Junker den Erhalt von Hoffnung hervor, die für den jeweiligen Patienten mit realistischen Inhalten gefüllt wird. Dem Patienten wird dadurch ermöglicht, die Situation realistisch einzuschätzen, ohne zu verzweifeln, auch wenn es keine Aussicht auf Heilung gibt. Hoffnungsträger können unter anderem die Schmerzkontrolle, die Bewahrung der Würde, der Kontakt mit Menschen und die Art sein, wie mit dem Patienten über die Prognose gesprochen wird. Im besten Fall vermitteln Arzt oder Ärztin dem Patienten, dass er oder sie nicht allein ist, und definieren gemeinsam ein Behandlungsziel.
3 Grundsätze sind bei der Kommunikation mit schwerkranken Person zu beherzigen
- Die behandelnde Person sollte wahrhaftig sein,
- sollte das, was sie dem Patienten sagen möchte, gut verständlich rüberbringen und
- dies nur dann tun, wenn es wirklich notwendig ist.
Die wohl häufigste Frage: „Wie lange habe ich noch?“
Nicht vertretbare Antworten auf diese Frage sind aus Sicht des Experten:
- „Wir können nichts mehr für Sie tun“
- „Diese Frage kann ich niemals beantworten“
- „Solche Gedanken sollten wir so schnell wie möglich vergessen.“
Außerdem sollte das Thema Tod nicht umgangen oder gar durch Aktionismus vom Thema abgelenkt werden.
Mögliche vertretbare Antworten auf diese Frage:
- „Was denken Sie selbst?“
- „Wir haben offen miteinander gesprochen – Sie wissen, dass es ernst ist“
- „Welche Unterstützung brauchen Sie?“
Darüber hinaus sollte die dem Patienten verbleibende Zeit nicht in Zahlen konkretisiert, sondern nur grob umrissen werden.
Bezüglich der Frage, wie detailliert der Patient etwa über Behandlungsmöglichkeiten informiert werden soll, weist Junker darauf hin, dass der Patient selbst das Informationsniveau bestimmt. Der Informationsbedarf des Patienten ergibt sich meist im ersten oder zweiten Gespräch. Ein Folgetermin sollte unbedingt direkt nach jedem Gespräch vereinbart werden.
Wer soll bei dem Gespräch dabei sein?
Auch hier entscheidet der Patient selbst – grundsätzlich sollte jedoch vorher geklärt werden, wer teilnimmt. Junker rät, sich mit der Vertrauensperson bekannt zu machen, das Gespräch vorerst auf maximal drei Personen zu begrenzen und vor allem sowohl dem Patienten als auch der Vertrauensperson den gleichen Informationsgehalt zu geben.
Nonverbale Kommunikation als Ergänzung
Nonverbale Kommunikationstechniken, wie Musik- oder Kunsttherapie, stellen für viele Patienten eine Möglichkeit dar, gesehen oder gehört zu werden und können die verbale Kommunikation ergänzen.
Bei der Kunsttherapie ist Empathie, beispielsweise bei der Besprechung von Bildern, entscheidend. Niemals sollte eine Deutung angestrebt werden, die sich nicht aus dem Dialog mit den Patienten ergibt. Oft empfindet der Patient das Malen an sich als positiv und wünscht gar kein Gespräch über das Ergebnis.
Die Musiktherapie zielt, wie auch die Kunsttherapie, auf die Behandlung des ganzen Menschen ab, statt auf die Behandlung einzelner Symptome. So können beispielsweise Angst und Schmerz bewältigt und Vitalität, Trauer und Erinnerungen in der Musik erlebt werden.