
US-Charta: Wie Ärzte psychisch gesund bleiben
Gesunde Ärzte können Patienten am besten dienen. Doch Unzufriedenheit, Burnout-Symptome und die Selbstmord-Rate nehmen unter Medizinern zu. Erfahren Sie hier, welche drei Schlüsselfaktoren aus Sicht von US-Experten notwendig sind, damit Ärzte resilient bleiben.
Lesedauer: ca. 3 Minuten

Alica Abberger, coliquio-Redaktion, fasst wichtige Punkte aus der “Charter on Physician Well-being“ 1 für Sie zusammen.
Die Interessen und Anliegen von Patienten zu verstehen und bestmöglich zu behandeln, ist ein grundlegendes Versprechen der Medizin an unsere Gesellschaft. Die Voraussetzung hierfür sind gesunde Ärzte, die zufrieden mit ihrem Arbeitsalltag sind. Doch bei immer mehr Ärzten treten im Laufe ihrer Karriere Probleme auf, erläutern Autoren um Colin West von der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota.1 Dazu gehören Unzufriedenheit im Job, ein starker Anstieg von Burnout- Symptomen, Depressionen bis hin zu einer erhöhten Selbstmord-Rate.
Die Autoren begründen dies mit „einer suboptimalen Patienten-Versorgung, sinkender Patienten-Zufriedenheit und steigenden Gesundheitsausgaben“. Um diesem Trend entgegen zu wirken, tragen aus ihrer Sicht leitende Körperschaften, politische Entscheidungsträger, medizinische Organisationen und die Ärzte selbst eine gemeinsame Verantwortung. Sie haben daher eine Charta mit Leitsätzen und Schlüsselverpflichtungen entwickelt, um das Wohlbefinden von Ärzten zu fördern.
Die wichtigsten Leitsätze der Charta:
Eine „effektive Patientenversorgung“ fördert das Wohlbefinden
Eine sehr wichtige Kennziffer, die von Leistungs- und Finanzkennzahlen nicht erfasst wird, ist die Versorgung von Patienten. Diese hat einen hohen intrinsischen Wert. Das Wohlbefinden des Arztes kann durch „authentische und mitfühlende Interaktionen mit Patienten und Kollegen“ erheblich verbessert werden.
Das Wohlbefinden aller Teammitglieder spielt eine große Rolle
Die Gesundheit eines jeden Mitglieds betrifft das ganze Team. Ansätze, die das Wohlbefinden von Ärzten fördern sollen, sind dann am effektivsten, wenn sie das Wohlergehen aller Teammitglieder berücksichtigen.
Das Wohlbefinden des Arztes als „Qualitätsmerkmal“
Gesundheitssysteme, die eine hochwertige Versorgung gewährleisten wollen, profitieren vom psychischen Wohlergehen ihrer Ärzte. Durch Anwendungen zur Systemverbesserung können Faktoren identifiziert werden, die mit einem verminderten Wohlbefinden in Zusammenhang stehen. Diese Miteinbeziehung des psychischen Befindens von Ärzten bei Optimierungsinitiativen zeichnet gute Gesundheitssysteme aus.
Das Wohlbefinden des Arztes als „gemeinsame Verantwortung“
Eine enge und gute Zusammenarbeit zwischen einzelnen Ärzten und ihren medizinischen Organisationen hilft dabei, „Herausforderungen proaktiv zu erkennen, auf sie zu reagieren und so das Wohlergehen von Ärzten kontinuierlich zu fördern“.
Psychisch gesund bleiben: 3 große Schlüsselmerkmale
1. Der gesellschaftliche Anteil: Realistische & entlastende Vorgaben
Richtlinien und Regeln auf nationaler Ebene können sich auf das Wohlbefinden von Ärzten auswirken. Die produktivitätsbasierte Erstattung führt beispielsweise zu erhöhter Arbeitsbelastung und einem höheren Verwaltungsaufwand, welcher durch Richtlinien, die „besser an klinische Aktivitäten“ und den Klinikalltag angepasst werden, erheblich verringert werden könnte.
2. Der organisatorische Anteil: Mehr Ressourcen, weniger Bürokratie
Der Aufbau von unterstützende Systemen für Ärzte kann den anfallenden Verwaltungsaufwand erheblich minimieren. Dazu gehört „die Bereitstellung angemessener Ressourcen, um Tempo und Arbeitsvolumen“ besser verwalten zu können. Auch der Anpassung der Personalausstattung und Arbeitsbelastung, der Integration von administrativer Zeit in den Klinikalltag bis hin zu Regelungen für Urlaube und flexible Freizeitgestaltung kommt eine große Bedeutung zu. Durch den geringeren Zeitaufwand für administrative Aufgaben haben Ärzte mehr Zeit für den direkten Kontakt zu Patienten, dem sinnbringendsten Aspekt ihrer Arbeit.
Führungskräfte können darüber hinaus durch die „Schaffung von Möglichkeiten für gemeinsame Entscheidungsfindungen“ und durch Team-Building-Aktivitäten für eine „gesündere, produktivere Belegschaft“ sorgen. Auch durch das Angebot von gesunden Lebensmitteln und Sporteinrichtungen am oder in der Nähe des Arbeitsplatzes und durch „Anreize für die Teilnahme an Lifestyle-Initiativen“ zum Beispiel an Fitnessprogrammen, tragen Organisationen zu gesunden Ärzten bei.
3. Der individuelle Anteil: Regelmäßige Supervision & mehr Achtsamkeit
Da in der ärztlichen Arbeit und im Verlauf einer medizinischen Karriere bestimmte psychische Belastungen wie Todesfälle und der Umgang mit menschlichem Schmerz und Stress zu erwarten sind, sollten bereits während der Ausbildung Bewältigungsstrategien für solche Erfahrungen erlernt werden.
So bietet eine regelmäßige psychologische Unterstützung im die Möglichkeit, „die Leistung des Arztes proaktiv“ und nicht nur erst „als Reaktion auf Krisen zu optimieren“. Ärzte sollten außerdem lernen, besser auf sich selbst zu achten und beispielweise durch den Besuch von Weiterbildungen zu Themen wie „Achtsamkeit und Selbstreflexion“ ihr Bewusstsein für schwierige Situationen schärfen.
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