
Echokardiographie: Frauen brauchen eigene Referenzwerte
Frauenherzen sind nicht einfach kleinere Versionen der Männerherzen – es bestehen deutliche Unterschiede in Struktur und Funktion. Dies muss auch bei der Echokardiographie berücksichtigt werden.1
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Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Alisa Ort
Kleiner sind Frauenherzen schon – sie haben im Schnitt 26 % weniger Myokardmasse, einen 9 % geringere Durchmesser und geringere Wanddicken, erklärte Dr. Pascal Bauer von der Inneren Medizin am Universitätsklinikum Gießen. Dies geht auch mit funktionellen Unterschieden einher.
Funktionelle Unterschiede
So haben Frauen z.B. geringere links- und rechtsventrikuläre Volumina, eine geringere linksventrikuläre Compliance, ein geringeres Herzminutenvolumen und eine höhere Herzfrequenz als Männer – auch wenn man die geringere Körpergröße oder Körperoberfläche berücksichtigt. Daher werden in der Echokardiographie auch unterschiedliche Normwerte für Männer und Frauen verwendet, was aber in der Praxis oft noch zu wenig berücksichtigt wird, sagte Dr. Bauer.
Frauenherzen arbeiten mehr für dieselbe Leistung
Frauen haben zwar mehr Kardiozyten, müssen aber auf 100 g Myokardmasse unabhängig vom Blutdruck mehr Arbeit für dieselbe Leistung verrichten. Wie kürzlich in einer Untersuchung gezeigt wurde, gibt es für jedes Geschlecht einen optimalen Blutdruckbereich, in dem das Herz am ökonomischsten arbeite. Bei Männern liegt er bei einem systolischen Blutdruck von 114 mmHg und bei Frauen bei 107 mmHg liegt. Dies wirft auch die Frage auf, ob es nicht unterschiedliche Blutdruck-Referenzwerte für die Diagnose einer Hypertonie geben sollte, sagte der Kardiologe.
Kardiale Erkrankungen bei Frauen: stärker gefährdet aber seltener entdeckt
Unterschiede in der Myokardstruktur und im kardialen Metabolismus tragen dazu bei, dass Frauen häufiger eine HFpEF entwickeln als Männer. Auch bei den hypertrophen und dilatativen Kardiomyopathien gibt es unterschiedliche Präsentationsmuster. Obwohl diese Erkrankungen bei Frauen häufiger symptomatisch sind als bei Männer, werden sie seltener bei Routineuntersuchungen entdeckt, sagte Dr. Bauer.
Auch das physiologischen Remodelling als Antwort auf körperliche Belastung unterscheidet sich zwischen Männern und Frauen. Unter Ausdauerbelastung kommt es zu einer exzentrischen Hypertrophie aller vier Herzhöhlen. Männliche Leistungssportler kommen dabei häufiger auch mal auf einen linkventrikulären enddiastolischen Durchmesser (LVED) über 60 mm, bei Leistungssportlerinnen sind schon Werte über 57 mm eine absolute Rarität. Auch die Wanddicke nimmt bei Athletinnen weniger stark zu. Insgesamt scheinen Frauenherzen mit der chronischen Belastung durch den Leistungssport etwas besser zurecht zu kommen. So findet man weniger fibrotische Veränderungen im Myokard und es kommt seltener zu Vorhofflimmern als bei Männern mit jahrelangem Ausdauersport. Für beide Geschlechter gilt: für ein „Athleten-Herz“ muss man dauerhaft mindestens sechs Stunden intensiven Ausdauersport in der Woche betreiben. Nur ein kleiner Prozentsatz der Sportlerinnen und Sportler entwickelt unter diesen Umständen überhaupt ein Athleten-Herz und Frauen seltener als Männer. Auch der Sport-assoziierte plötzliche Herztod ist bei Frauen deutlich seltener, sie machen hier nur 2-5 % aller Fälle aus.