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Gynäkologie

18. Sep. 2023
Kohortenstudie

Zervixkarzinom: Vaginose und Zystitis gehen mit erhöhtem Risiko einher

Häufige urogenitale Infektionen wie bakterielle Vaginose, Candida-Vulvovaginitis und Zystitis teilen einige Risikofaktoren wie Sexualverhalten und Veränderungen des vaginalen Mikrobioms mit dem Zervixkarzinom. In einer nationalen Kohortenstudie mit den Registerdaten von mehr als vier Millionen Frauen wurde jetzt ein möglicher Zusammenhang untersucht.1

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Mädchen mit Zystitis
(Foto: Siriluk Kongkead | Dreamstime.com)

Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Dr. Nina Mörsch

Das Zervixkarzinom ist immer noch eine wichtige Ursache von Morbidität und Mortalität bei jüngeren und älteren Frauen. Es entwickelt sich bei den meisten Patientinnen aus einer Infektion mit kanzerogenen humanen Papillomaviren (HPV). Bekannt ist, dass sexuell übertragbare Erkrankungen wie urogenitaler Herpes oder Chlamydieninfektionen die Entwicklung cervikaler Neoplasien bei HPV-Infektion fördern können – weniger klar war bisher ein möglicher Zusammenhang mit häufigen urogenitalen Infektionen wie Vaginose, Vulvovaginitis und Blasenentzündung.

Registerdaten von über 4 Mio. Frauen

Für die Studie werteten Filip Jansåker vom Skåne University Hospital in Malmö, Schweden, und sein Team die Registerdaten von 4.120. 557 über 14-jährigen Mädchen und Frauen aus den Jahren 2002–2018 aus. Dabei wurden mögliche Einflussfaktoren wie soziodemographische Faktoren, Parität sowie andere sexuell übertragbare Erkrankungen und Genitalinfektionen berücksichtigt.  

Die Zystitis war mit Abstand die häufigste Urogenitalinfektion, gefolgt von Vulvovaginitis und bakterielle Vaginose. In der Nachbeobachtungszeit von 39 Millionen Personenjahren lag die Inzidenzrate des Zervixkarzinoms insgesamt bei 1,2 pro 10.000 Personenjahre – die Rate an einem zervikalen Carcinoma in situ war mehr als 10-fach höher. Die geringsten Inzidenzraten hatten die jüngsten Frauen und Frauen zwischen 45 und 64 Jahren.

Zystitis oder bakterielle Vaginose erhöhen Krebsrisiko deutlich

Frauen mit einer Zystitis oder bakteriellen Vaginose in der Anamnese hatten im Vergleich zu Frauen ohne diese Genitalinfektionen unabhängig von anderen Faktoren ein deutlich höheres Risiko für ein Zervixkarzinom (Hazard ratio 1,22 bzw. 1,31) oder ein Carcinoma in situ.  

Für die Vulvovaginitis wurde dieser Zusammenhang nicht beobachtet - das Risiko für ein Zervixkarzinom war hier sogar vermindert (HR 0,75), eine Assoziation mit dem Carcinoma in situ bestand nicht. Ein temporärer Zusammenhang zwischen Urogenitalinfektion und Zervixkarzinom wurde für die Vaginose und die Vulvovaginitis festgestellt, nicht aber für die Zystitis.   

Mikrobiomveränderungen spielen möglicherweise eine Rolle

Noch am einfachsten zu erklären ist nach Aussage der Autoren der auch am stärksten ausgeprägte Zusammenhang zwischen bakterieller Vaginose und Zervixkarzinom. So könnte die Vaginose durch immunologische Faktoren und Veränderungen des Mikrobioms die Akquise und Erhaltung von HPV-Infektionen und die Weiterentwicklung zu einem Carcinoma in situ fördern.

Warum eine Vulvovaginitis mit einem geringeren Karzinomrisiko einhergeht, bleibt unklar, möglicherweise spielen auch hier Mikrobiomveränderungen eine Rolle. Der Zusammenhang zwischen Zystitis und zervikalen Neoplasien wurde zuvor nach Wissen der Autoren noch nicht untersucht. Auch wenn sich hier gezeigt hat, dass diese sehr häufige Urogenitalinfektion mit einem erhöhten Zervixkarzinom-Risiko einhergeht, ist damit noch keine Kausalität beweisen – zudem auch ein zeitlicher Zusammenhang fehlt. Denkbar wäre z.B. auch, dass die zervikale Neoplasie selbst das Risiko für eine Zystitis erhöht.  

Einschränkungen der Studie

Als wichtige Limitationen ihrer Studie nennen die Autoren u.a. die fehlenden Daten zu mikrobiologischen Befunden, HPV-Impfung und Teilnahme am zervikalen Screening. Auch Angaben zum Sexualverhalten und anderen Lebensstilfaktoren fehlen.

Aufgrund ihrer Ergebnisse empfehlen die Autoren, Frauen mit wiederholten Episoden einer bakteriellen Vaginose und/oder Zystitis als besonders gefährdete Risikogruppe für ein Zervixkarzinom wahrzunehmen und entsprechend zu überwachen. Auch eine HPV-Analyse oder ggf. HPV-Impfung können hier in Betracht gezogen werden.  

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