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Gynäkologie

22. Feb. 2023

Azithromycin vor vaginaler Entbindung kann Sepsis vorbeugen

Azithromycin vor einer Sectio kann das Risiko für Infektionen bei der Mutter verringern. Ob dies auch bei einer vaginalen Entbindung zutrifft, untersuchte nun ein US-amerikanisches Forschungsteam. Die Ergebnisse wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht.1

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Sepsis
Azithromycin könnte auch bei vaginaler Entbindung Sepsis und Tod der Mutter verhindern. (Foto: Dreamstime.com | Kateryna Kon)

Autorin: Dr. Linda Fischer

Dass der Einsatz von Azithromycin vor einer Sectio das Risiko für Infektionen bei der Mutter verringern kann, ist bekannt. Nicht gewiss ist hingegen die Wirkung von Azithromycin bei vaginaler Entbindung. In einer aktuellen Studie untersuchten Forscherinnen und Forscher daher, ob eine intrapartale orale Gabe die Wahrscheinlichkeit für Sepsis oder Tod von Mutter und Kind verringern kann.

Ihr Fazit: Bei Frauen mit vaginaler Entbindung führte eine einmalige orale Gabe von Azithromycin zu einem signifikant geringeren Risiko für mütterliche Sepsis oder Tod im Vergleich zu Placebo. Auf die Häufigkeit von Sepsis und Tod des Neugeborenen konnten die Forschenden hingegen kaum einen Effekt nachweisen.

Das Design der Studie

In der internationalen, Placebo-kontrollierten, randomisierten Studie erhielten insgesamt 29.278 Frauen in der 28. Schwangerschaftswoche oder später, kurz vor der vaginalen Entbindung entweder eine orale Einzeldosis von 2 g Azithromycin oder ein Placebo. Die beiden primären Endpunkte umfassten Sepsis oder Tod bei der Mutter und Totgeburt, neonataler Tod oder Sepsis des Kindes.

Weniger Sepsis, gleichbleibende Todesfälle bei Müttern

Die Inzidenz von Sepsis oder Tod bei der Mutter war mit Azithromycin niedriger als mit Placebo (1,6 vs. 2,4 %), mit einem relativen Risiko (RR) von 0,67 (95 % Konfidenzintervall, KI 0,56–0,79; p<0,001). Die Häufigkeit von Totgeburten, neonatalen Todesfällen oder Sepsis beim Kind war hingegen ähnlich zwischen den Gruppen (10,5 vs. 10,3 %, RR 1,02; 95 % KI 0,95–1,09; p=0,56).

Der Unterschied bei dem primären Ergebnis für die Mütter war laut Autorinnen und Autoren hauptsächlich auf die Häufigkeit von Sepsis zurückzufürhen (1,5 % in der Azithromycin- und 2,3 % in der Placebo-Gruppe; RR 0,65; 95 % KI 0,55–0,77). Die Häufigkeit von Todesfällen jeglicher Ursache belief sich in beiden Gruppen auf 0,1 % (RR 1,23; 95 % KI 0,51–2,97).

Bei Säuglingen weniger Unterschiede bei Sepsis und Todesfällen

Eine neonatale Sepsis trat bei 9,8 bzw. 9,6 % der Säuglinge auf (RR 1,03; 95 % KI 0,96–1,10). Die Inzidenz von Totgeburten lag in beiden Gruppen bei 0,4 % (RR 1,06; 95 % KI 0,74–1,53).

In beiden Gruppen verstarb das Neugeborene in 1,5 % der Fälle innerhalb von 4 Wochen nach der Geburt (RR 1,03; 95 % KI 0,86–1,24). Unter Azithromycin kam es nicht zu mehr unerwünschten Ereignissen.

Einige Einschränkungen der Studie

Die Inzidenz der mütterlichen Sepsis oder des Todes in Asien lag bei 2 %, während die prognostizierte Inzidenz bei ≥ 3 % lag, was die statistische Aussagekraft für diese Untergruppe einschränkt. Darüber hinaus war die Häufigkeit des prophylaktischen Einsatzes von Antibiotika je nach Standort unterschiedlich. Die Autorinnen und Autoren nehmen dennoch an, dass Azithromycin die Zahl der Infektionen reduziert, da es eine breite antimikrobielle Abdeckung bietet.

Die Autorinnen und Autoren nennen als potenziellen Nachteil einer routinemäßigen Azithromycin-Verabreichung bei vaginaler Entbindungen eine erhöhte Antibiotikaresistenz, Veränderungen des mütterlichen oder neonatalen Mikrobioms sowie Nebenwirkungen und Kosten des Medikaments. Hier werden mehr Langzeitdaten benötigt.

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