SARS-CoV-2 kann Reservoirs in verschiedenen Organen bilden
Viele Viren können direkt in verschiedene Organkompartimente eindringen und dort persistierende Virusreservoirs bilden. Dies gilt auch für SARS-CoV-2, wie Forschende aus den USA nun anhand von Gewebeproben von 6 verstorbenen Patientinnen und Patienten mit Covid-19 zeigen konnten.1
Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Dr. Linda Fischer
Schon relativ früh im Laufe der Corona-Pandemie wurde klar, dass SARS-CoV-2 nicht nur die Lunge infiziert, sondern auch andere Organsysteme in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Team um Erica Normandin vom Broad Institute of Harvard and MIT und dem Department of Systems Biology der Harvard Medical School in Boston wollten daher die Persistenz von Coronaviren in verschiedenen Geweben untersuchen.
Das Design der Studie
Dazu analysierten sie anhand hochauflösender SARS-CoV-2-Sequenzierung und -Genanalyse die Viruslast in 120 verschiedenen Gewebeproben von 6 an Lungen- oder Multiorganversagen verstorbenen Patientinnen und Patienten mit Covid-19 (50–68 Jahre alt, 2 Frauen, 4 Männer).
Höchste Viruslast in der Lunge und virusfreie Organe
Virale RNA ließ sich bei allen Probandinnen und Probanden auch in verschiedenen extrapulmonalen Geweben nachweisen, wobei das Ausmaß des Organbefalls individuell sehr unterschiedlich war. Die Viruslast in der Lunge war bei allen Infizierten am höchsten.
Mit einer Ausnahme hatten alle Verstorbenen auch virusfreie Organe. Eine längere Krankheitsdauer von den ersten Symptomen bis zum Tod war insgesamt mit einer geringeren Viruslast assoziiert.
Hoden als Virusreservoir bedenklich
Die meisten der 180 in dieser Studie charakterisierten Virusvarianten waren einzigartig für die einzelnen Gewebeproben. Bei längerem Krankheitsverlauf konnten mehr seltene hochfrequente Minorvarianten nachgewiesen werden.
Bei einem Probanden wurden sogar 10 dieser Varianten ausschließlich in extrapulmonalen Geweben gefunden. Betroffen waren hier u.a. Herz, Niere und Hoden.
Insbesondere Virenreservoirs im Hoden halten die Forschenden für bedenklich, da es sich um ein immunpriviligiertes Organ handelt, und die Viren hier möglicherweise dem Immunsystem entgehen. Somit könnten hier ähnlich wie bei Infizierten mit Immunsuppression neue, möglicherweise gefährlichere Varianten entstehen. Auch eine Reaktivierung der Erkrankung ist bei Viruspersistenz in verschiedenen Kompartimenten denkbar.