Gestörtes Sexualverhalten nach Covid-19
Neuropsychiatrische Symptome im Rahmen von Covid-19 können lange anhalten und sich über die Zeit verschlechtern. Nun veröffentlichten Forscherinnen und Forscher den Fall eines Patienten mit neu aufgetretenem sexuell unangemessenem Verhalten und Katatonie-Symptomen.1
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Dieser Artikel basiert auf einem Case Report von Miura et al (2023). Autorin: Dr. Linda Fischer
Patientinnen und Patienten können auch nach der Genesung von Covid-19 eine Vielzahl an neuropsychiatrischen Symptomen entwickeln. Diese erfordern eine erhöhte Aufmerksamkeit von Ärztinnen und Ärzten der Neurologie und Psychiatrie. Das zeigt auch ein Patientenfall, der kürzlich veröffentlicht wurde.
Vorgeschichte: Von schwerem Covid-19 genesen
Der Patient (Mitte 40) war zuvor mit einer schweren Covid-19-Erkrankung stationär behandelt worden. Zu diesem Zeitpunkt lagen keine psychologischen Auffälligkeiten vor, sodass der Patient nach seiner Genesung von der akuten Erkrankung entlassen wurde.
Gesteigertes sexuelles Verlangen und Wunsch, Dinge zu kaufen
Kurze Zeit später fuhr ihn seine Frau erneut in das Krankenhaus und berichtete über Wesensveränderungen. Sein gestörtes Sexualverhalten äußerte sich, indem er z. B. des Nachts sexuell mit seiner Frau aktiv werden wollte, bevor er sich an die Anwesenheit der gemeinsamen Tochter erinnerte. Zudem masturbierte er tagsüber, obwohl ihn seine Frau davon abzuhalten versuchte. Im Wartezimmer der Notaufnahme tätigte er dann falsche Aussagen, wie „ich wurde gerufen“ und „jemand kam aus dem Untersuchungsraum“. Die Ärztinnen und Ärzte vermuteten bei ihm Halluzinationen und Wahnvorstellungen.
Bei der Einlieferung überprüfte seine Frau sein Smartphone und stellte fest, dass er mehrfach nach sexuellen Inhalten gesucht und versucht hatte, ein Auto zu kaufen. Das gesteigerte sexuelle Verlangen und der Wunsch, Dinge zu kaufen, legten eine Manie nahe. Jedoch fluktuierte die Symptomatik im Tagesverlauf und der Patient litt an visuellen Halluzinationen, Enthemmung und Desorientierung, ohne, dass andere neurologische Befunde als die Myerson-Zeichen (Patient kann bei wiederholtem Tippen auf die Glabella, den Bereich zwischen den Augenbrauen, nicht aufhören zu blinzeln) zu beobachten waren. Die Ärztinnen und Ärzte vermuteten daher eine Enzephalopathie.
SPECT: Auffällige Signale in einigen Gehirnarealen
Sowohl Blutuntersuchung als auch kraniale Computertomografie (CT) verliefen unauffällig. Seine Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) wurde mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Die kraniale Magnetresonanztomografie (MRT) fiel unauffällig aus. Eine Single-Photon-Emissions-Computertomografie (SPECT) ergab einen erhöhten Blutfluss im Thalamus, in der Septumregion und im posterioren Gyrus cinguli (s. Abb. 1 in Miura et al).
Am ersten Tag des Krankenhausaufenthalts masturbierte der Patient während der Untersuchung ständig, berichten die Autorinnen und Autoren des Falls. Zudem bestanden neben der sexuellen Enthemmung noch Wortfindungs- und Aufmerksamkeitsstörungen, Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses sowie Dysgrafie. Der Patient absolvierte folgende kognitive Tests:
- Mini-Mental-Status-Test (MMSE): 29/30 Punkte
- Montreal Cognitive Assessment-Test (MoCA): 22/30 Punkte
- Frontal Assessment Battery (FAB): 17/18 Punkte
- Hasegawa Dementia Scale-Revised (HDS-R): 27/30 Punkte
Welche Laborwertveränderungen vermuten Sie in diesem Fall?
Schreiben Sie Ihren Vorschlag unten in das Kommentarfeld und lesen Sie im zweiten Teil des Beitrags die Diagnose und medizinische Hintergründe zu diesem Fall.