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Covid-19 in der Praxis

26. Jan. 2023

BA.5 schädigt Kardiomyozyten stärker als BA.1

Eine Ulmer Studie zeigt, dass die SARS-CoV-2-Omikron-Subvariante BA.5 im Gegensatz zu BA.1 humane Kardiomyozyten wieder effektiver infizieren kann. Verantwortlich sind Mutationen, vor allem im Spike-Protein, die die Infektiosität und zellschädigende Wirkung von BA.5 stärken.1

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Herz auf Holz
Eine Studie aus Ulm untersuchte, wie gut sich SARS-CoV-2-Varianten in kultivierten humanen Herzmuskelzellen vermehren.  (Foto: Dreamstime.com | Inara Prusakova)

Redaktion: Dr. Linda Fischer

Gesunde Herzmuskelzellen in Kultur vermehren sich und können anfangen, spontan zu schlagen. „Dieser spontane ‚Herzschlag‘ von Kardiomyozyten ist ein guter Indikator für die Gesundheit und Funktionstüchtigkeit der Zellen“, erläutert Professor Steffen Just, Leiter der Sektion für Molekulare Kardiologie an der Klinik für Innere Medizin II.

Just hat gemeinsam mit dem Ulmer Virologen Professor Frank Kirchhoff eine Studie über die pathogene Wirkung verschiedener SARS-CoV-2-Varianten auf den Weg gebracht. „Dafür haben wir spontan schlagende Herzmuskelzellen mit Coronaviren infiziert und untersucht, wie stark sich die Viren vermehren beziehungsweise wie groß deren zellschädigende Wirkung ist“, erklärt Kirchhoff, der am Ulmer Uniklinikum das Institut für Molekulare Virologie leitet. Je pathogener eine Virus-Variante oder -Subvariante ist, desto früher stoppt der „Herzschlag“ der Zellen.

Infektion mit BA.5 ähnelt derjenigen mit Delta-Variante

Die Forschenden haben frühe SARS-CoV-2-Varianten wie NL-02-2020 und Delta mit verschiedenen Subvarianten von Omikron verglichen. Erwartungsgemäß war die – gemeinhin als weniger aggressiv eingestufte – frühe Omikron-Subvariante BA.1 deutlich weniger zellschädlich als die frühen Varianten NL-02-2020 und Delta.

Die Untersuchung von Omikron-BA.5-Viren brachte dagegen ein anderes Ergebnis ans Licht: „Die damit infizierten Herzmuskelzellen hörten deutlich früher auf zu schlagen als Kulturen, die mit der frühen BA.1 Omikron-Subvariante infiziert waren. Das Ergebnis glich der Infektion mit der Delta-Variante – die Schläge stoppten nach 3 bis 5 Tagen“, so Rayhane Nchioua, Erstautorin der Studie und Doktorandin am Institut für Molekulare Virologie, die gemeinsam mit Federica Diofano aus der Sektion für Molekulare Kardiologie die Herzzellen untersucht hat.

Herzmuskelzellen besonders anfällig für SARS-CoV-2

Herzmuskelzellen sind besonders anfällig für SARS-CoV-2, da diese viele ACE2-Rezeptoren präsentieren, über die die Viren an den Zellen andocken. Dies erleichtert dem Virus die Vermehrung und erklärt wahrscheinlich, warum Herzmuskelerkrankungen und Herzschäden zu häufigen Komplikationen von Covid-19 gehören.

Zu den klinischen Erscheinungsbildern gehört insbesondere die Herzmuskelentzündung, aber auch Herzrhythmusstörungen werden beobachtet. Autopsien verstorbener Patientinnen und Patienten mit Covid-19 wiesen in Herzmuskelzellen außerdem hohe Anteile an viraler RNA und von Spike-Proteinen nach.

Kardiomyozyten mit besonders viel Virus-RNA

Das Ulmer Forschungsteam hat daher auch analysiert, wie hoch bei unterschiedlichen Varianten die Virus-RNA-Konzentration und der Anteil von Spike-Proteinen in viral infizierten Kardiomyozyten ist. Dabei kam heraus, dass insbesondere die Herzmuskelzellen, die mit Viren der Delta-Variante oder eben der späten Omikron-Subvariante BA.5 infiziert wurden, besonders hohe Konzentrationen solcher Virus-Spuren aufwiesen.

BA.5 ist resistenter und effektiver in der Vermehrung

Ein wesentliches Fazit der Studie ist, dass BA.5 nicht nur resistent gegen viele neutralisierende Antikörper der adaptiven Immunantwort ist, sondern sich auch effektiv in menschlichen Zellen vermehren kann. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die effiziente Umgehung adaptiver Immunantworten durch BA.1 zunächst auf Kosten der viralen Infektiosität ging. Zusätzliche Mutationen im Spike-Protein von BA.5 stellten jedoch das volle Replikations-Potential wieder her“, so die Forscherinnen und Forscher.

Aktuelle Studien mit Tiermodellen zeigen ebenfalls eine höhere Pathogenität von BA.5 im Vergleich zu BA.1 und bestätigen damit das Ergebnis der Ulmer Studie. Ob dies auch beim Menschen der Fall ist, müssen weitere Untersuchungen klären.

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