
Plasmaaustausch bei schwerem Covid-19
Der Plasmaaustausch ist bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten mit Covid-19 eine mögliche Therapieoption, wird aber immer noch kontrovers diskutiert. Einigen schwerstkranken Betroffenen könnte damit aber effektiv geholfen werden.1
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Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Dr. Linda Fischer
Die Therapie schwerstkranker beatmeter Patientinnen und Patienten mit Covid-19 hat sich im Prinzip im Verlauf der letzten 2 Jahre wenig geändert, sagte Dr. Christian Nußhag vom Universitätsklinikum Heidelberg. Neben der Beatmung ± ECMO sind Dexamethason und die Thromboembolieprophylaxe mit Antikoagulanzien Standard.
Bei schwerer inflammatorischer Komponente mit Covid-19-Pneumonie kann in den ersten 24 Stunden nach primärer Intubation zusätzlich Tocilizumab eingesetzt werden. Die Antikörper sind in ihrer Effektivität bei der neueren Omikron-Variante sehr eingeschränkt und auch die Verwendung von Rekonvaleszenten-Plasma hat sich in der hyperinflammatorischen Spätphase nicht bewährt.
Plasmaaustausch in einzelnen Fällen vorteilhaft
Wenn sich unter Beatmung und Dexamethason keine Besserung zeigte, wurde in verzweifelten Fällen auch schon früh auf den altbewährten Plasmaaustausch zurückgegriffen. Bei den ersten 5 so behandelten Personen beobachtete man einen Rückgang bestimmter inflammatorischer Parameter und der Vasopressor-Bedarf ging zurück.
Bei einigen Betroffenen schien diese Therapie gut anzuschlagen, wie einige Fallberichte dokumentieren. Vor allem Patientinnen und Patienten mit prognostisch ungünstigen, sehr hohen D-Dimeren scheinen hier zu profitieren.
Laborwerte nur artifiziell verbessert, ohne wirklich zu helfen?
Kritisiert wurde aber, dass man mit dem Plasmaaustausch möglicherweise nur artifiziell die Laborwerte verbessert, ohne den Patientinnen und Patienten wirklich zu helfen. Auch ein möglicher Schaden durch die Entfernung wichtiger Immunglobuline und Komplementfaktoren wurde diskutiert.
Auf der anderen Seite sprechen viele Faktoren für einen möglichen Nutzen, erklärte der Intensivmediziner. Dazu gehören u.a. vermehrte Phospholipid-Antikörper, prothrombotische Autoantikörper, ein Zytokinsturm und Antikörper gegen Interferon, die durch den Austausch entfernt werden könnten. Auch gegen das prothrombogene Milieu und die endotheliale Aktivierung bei Covid-19 könnte die Plasmapherese sinnvoll sein.
Geeignet für Personen mit invasiver Beatmung und Kreislaufschock
Als mögliche Kandidaten für die Therapie nannte Dr. Nußhag Patientinnen und Patienten mit invasiver Beatmung und Kreislaufschock, die trotz Standardtherapie ein Covid-19-assoziiertes Hyperinflammationssyndrom mit gestörter Gerinnung (erhöhte D-Dimere), erhöhtem Ferritin und refraktärem Fieber aufweisen. In einer retrospektiven Fallserie von 28 Patientinnen und Patienten an seinem Zentrum konnte bei den Teilnehmenden gezeigt werden, dass der erwartete Abfall der Entzündungsparameter meist erhalten bleibt und auch Fieber und Vasopressor-Bedarf zurückgingen.
Auch die Mortalität war deutlich reduziert. Schwere therapiebedingte Komplikationen wurden nicht beobachtet. Zurzeit wird das Verfahren in einer randomisierten kontrollierten Multicenter-Studie untersucht, auch hier erwies sich die Therapie bisher als sehr sicher.