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Covid-19 in der Klinik

18. Aug. 2023
Cochrane Review

Long-Covid: Weiter keine Evidenz für Apherese

Long-Covid ist nach wie vor schwierig zu behandeln. Ein viel diskutierter Ansatz ist die Blutwäsche. Ein Cochrane Review zu einer speziellen Form dieses Verfahrens fand nun aber keine verlässlichen Studien. Die Autorinnen und Autoren zweifeln vielmehr den postulierten Wirkmechanismus an.1

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Apherese
Auf Apherese setzen viele verzweifelte Menschen mit Post-Covid große Hoffnungen. Symbolbild (Foto: Dreamstime.com | Andrei Malov )

Redaktion: Dr. Linda Fischer

Ein klares Krankheitsbild lässt sich für Long-Covid nur schwer definieren: Erschöpfung, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen oder Muskelschwäche – all das sind Möglichkeiten, wie sich Long-Covid präsentieren kann. Auch über Entstehungs-Mechanismen der Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion ist wissenschaftlich wenig bekannt. Gleiches gilt für die Frage, warum manche Menschen überhaupt Long-Covid entwickeln und andere nicht.  

Hohe Belastung der an Long-Covid Erkrankten

Die Lebensqualität ist für Patientinnen und Patienten mit Long-Covid extrem eingeschränkt. Ein Teil wird sogar pflegebedürftig oder muss in Frührente gehen. Dementsprechend wird an Therapien geforscht, die über die Symptombekämpfung hinausgehen. Heiß diskutiert wird dabei die Apherese.

Zur Apherese

Im Rahmen einer Apherese wird den Betroffenen zunächst Blut entnommen, welches dann in seinen flüssigen und festen Teil getrennt wird. Das Plasma wird entweder von bestimmten Bestandteilen gereinigt und mit den Zellen wieder in den Kreislauf gegeben. Eine andere Möglichkeit: Das Plasma wird komplett entsorgt und nur der zelluläre Anteil mit einer Ersatzflüssigkeit in den Körper zurückgegeben. Die Methode ist aufwändig, hat sich jedoch bei anderen Erkrankungen etabliert.  

Keine Evidenz für Entfernung von Microclots durch Apherese

Bei Long-Covid sollen mit der Apherese die für die Entstehung der Erkrankung verantwortlichen Mikro-Gerinnsel (microclots) entfernt werden – so die Theorie.

Im Rahmen eines Cochrane Review haben nun Forscherinnen und Forscher randomisierte kontrollierte Studien zur Wirksamkeit derartiger Ansätze einer Apherese zur Entfernung von Mikro-Gerinnseln gesichtet. Das Ergebnis: Sie fanden keine verlässliche Studie. Auch noch laufende Studien, die diese Evidenzlücke schließen könnten, konnten sie nicht identifizieren. 

Mikro-Gerinnsel sind Amyloid-Fibrin(ogen)-Partikel

Die Evidenz-Suche aus Laborstudien für den Zusammenhang zwischen Microclots und Long-Covid verlief ebenso enttäuschend: In 5 Studien zeigte sich, dass der Begriff Mikro-Gerinnsel medizinisch unpassend ist. Die Autorinnen und Autoren schreiben daher korrekter von Amyloid-Fibrin(ogen)-Partikeln.

Derartige Partikel finden sich jedoch sowohl bei Patientinnen und Patienten mit Long-Covid als auch bei gesunden Menschen. Sie sind also nicht spezifisch für Long-Covid, so die Autorinnen und Autoren. Da viele Studien ihre Ergebnisse nicht vollständig veröffentlichen, seien zudem keine Rückschlüsse auf die Zahl und Größe von Partikeln im Blut von Patientinnen und Patienten mit Long-Covid möglich.1,2

Fazit: Keine Plasmapherese außerhalb klinischer Studien

Das Fazit der Autorinnen und Autoren: „Es gibt keinen Grund für eine Plasmapherese zur Entfernung von Amyloid-Fibrin(ogen)partikeln beim Post‐Covid‐19‐Syndrom und es fehlen Daten über die Sicherheit dieser Behandlung. Patienten sollten keine Plasmapherese außerhalb einer ordnungsgemäß durchgeführten placebokontrollierten randomisierten klinischen Studie erhalten.“

In der begleitenden Pressemitteilung zu dem Review heißt es, dass in Deutschland nach einer Berichterstattung im Fernsehen vor allem das Verfahren der H.E.L.P.-Apherese bei Long-Covid diskutiert werde (Heparin induzierte extrakorporale Lipoprotein/Fibrinogen-Präzipitation). Hierzu gebe es noch keinen Cochrane-Review. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) habe aber bereits mitgeteilt, dass es für die H.E.L.P.-Apherese bei Long-Covid keine Evidenz gebe.2

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